Hilal Sezgin
Der Tod des Maßschneiders
Campe Paperback
Das Leben muß doch mehr zu bieten haben als Kartoffelschälen in der Suppenküche, denkt Karoline. Heiraten will sie allerdings nicht, und Berufstätigkeit ist für eine junge Frau im Jahre 1885 nicht vorgesehen. Da reißt ein Mord die Frankfurter aus ihrer Sommerruhe und Karoline aus ihren Grübeleien.
Rezension:
Miss Sophie
ISBN 3-455-10392-8
Sie ist sicher, daß der Verdächtige, ein "Sozi", wie man munkelt, unschuldiges Opfer preußischer Sozialistenhatz geworden ist. Aber auch der junge Kommissar Staben hat Zweifel an der Schuld des Schneidergesellen. Beide machen sich auf die Suche nach dem wirklichen Mörder und dabei entdeckt Karoline ihre wahre Leidenschaft.
Sittengemälde des ausgehenden 19. Jahrhunderts, Hinweis auf die mißliche Situation von Arbeitern, einfachen Handwerkern und Dienstboten und kritische Auseinandersetzung mit den Sozialreformen der Stadt Frankfurt zu eben dieser Zeit, Darstellung der frühen sozialdemokratischen Bestrebungen unter besonderer Berücksichtigung der "Frau im Sozialismus", augenzwinkernde Betrachtung der Abenteuer einer ungehorsamen "höheren" Tochter und spannender Kriminalroman - geht das zusammen?
Es geht, wie das vorliegende Buch beweist.
Wie gelungen das Ergebnis ist, das allerdings steht auf einem völlig anderen Blatt.
Die Autorin hat viele gute Ansätze - die liebevoll gezeichneten Charaktere, die sicherlich interessanten Details zum täglichen Leben, die falschen Spuren, auf die nicht nur der etwas steife preußische Kommissar gelockt wird.
Leider ist das allein noch nicht genug, um den Leser nachhaltig zu fesseln, denn wo sie sich bemüht, zu viele Aspekte einzuarbeiten, bleibt doch nur Stückwerk und ein Gewirr von losen Fäden.
Schade, denn das Thema an sich ist unterhaltsam genug, auch in der Kombination "gutsituierte neugierige Anwaltstochter" und "junger Polizeibeamter mit Vergangenheit" oder "Hessen trifft Preußen" liegt durchaus das Potential für eine Serie.
Also: Bitte etwas straffen und von zuviel Theorie entstauben, dann klappt's auch mit dem Unterhaltungsroman.