Pierre Magnan
Das ermordete Haus
Original: La maison assassinée
Séraphin Monge, dessen Familie grausam umgebracht wurde, als er noch ein Säugling war, und der als einziger überlebte, macht sich Jahre später auf die Suche nach den Mördern.
Rezension:
Iris Groschek
Fretz & Wasmuth gebunden
ISBN 3-502-11922-8
Denn in seinen Träumen wird er vom Bild seiner Mutter verfolgt, die ihm ein noch schlimmeres Geheimnis einzuflüstern scheint als jenes des schrecklichen Verbrechens.
Stein um Stein, mit bloßen Händen, trägt er das Haus ab, in dem sich das Drama abspielte, in der Hoffnung, einen Hinweis zu finden.
Der Fund von drei Schulscheinen offenbart ihm die Namen der Mörder. Die er kennt und deren Töchter um den schönen, geheimnisvollen Séraphin wetteifern.
Warum Horrorfilme sehen, wenn man Pierre Magnan lesen kann?
So kann man sich nur mit einem Buch gruseln.
Wohlige Schauder jagen einem die von der eigenen Phantasie vorgestellten Bilder ein, Bilder, die der Autor in die Lesergedanken gelegt hat, mit seinem freundlich-realistisch-literarischen Ton, der so unverhofft und treffend daher kommt und so wunderbar leicht zwischen entsetzlichen Taten und Naturbeschreibung schwankt.
Ein Aufatmen kann aber selbst die Beschreibung der Landschaft, des Ortes, der Wetterlage oder das Buhlen der Mädchen um einen schönen Mann nicht bringen; denn eben diese Worte sind es, die die Geschehnisse sanft immer weiter miteinander verbinden, die den Leser umschmeicheln und umgarnen und so immer tiefer mitreißen in eine unglaubliche und doch so wahr scheinende Geschichte.
Die geschickt und virtuos gesetzten Worte in ihrer Schönheit und Klarheit sind es, die den Leser, während er atemlos Seite um Seite umblättert, immer mehr auch mit dem Herzen und den Gefühlen mitten im Geschehen dabei sein lassen.
Er ist dabei, wenn der schweigsame, beharrliche Séraphin Mronge sein Elternhaus Stein um Stein abträgt, um den Geistern zu entkommen, die sein Leben übernommen haben, seit er weiß, was mit seiner Familie geschah.
Er ist dabei, wenn die Träume kommen und Séraphin quälen.
Er ist dabei, wenn drei gestandene Männer noch nach 23 Jahren Angst haben.
Er ist dabei, wenn die Bäckerstochter versucht, zu verstehen und auch, wenn die grausamen Rachemorde geschehen.
Hypnotisch wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange fesselt die Geschichte, führen die Worte durch eine weit zurückliegende Zeit, die doch so nah scheint.
Pierre Magnan liebt die Schilderung von Stimmungen, kann mit der Beschreibung einer Abenddämmerung mehr über Gefühle und Geschehnisse aussagen, als so mancher Splatterautor.
Die Provence ist die Inspiration für Geschichten voll düsterer Magie, die aber immer real bleiben und nie in das Phantastische abgleiten.
Aus dieser Kombination - Magie und Realität - entsteht eine Faszination, die die Besonderheit der Geschichten von Pierre Magnan ausmachen.
Aber Achtung! Dieses Buch bietet auch Ekel, Blut und Grausamkeiten!
Alles in allem: Grosse Kriminalliteratur aus der Provence und ein großartiges Lesevergnügen. Nur eines sollten Sie vielleicht vermeiden, wenn Sie Wert auf eine ungestörte Nachtruhe legen: Allein zu Hause zu sein, wenn Sie dieses Buch beendet haben ...