Das Buch direkt bei Amazon bestellen Petros Markaris
Hellas Channel

Diogenes gebunden
ISBN 3-257-06241-9

Er hatte Janna Karajorgi, Reporterin für Hellas Channel, noch nie ausstehen mögen - sie war überheblich und machte sich bei jeder Pressekonferenz über ihn lustig. Doch nun ist sie tot, ermordet, und er, Kostas Charitos von der Athener Polizei, soll den Fall übernehmen.
Notgedrungen begibt er sich in die Höhle des Löwen und legt sich mit seinen ärgsten Feinden an: den Journalisten. Das Fernsehen ist ein rotes Tuch für Charitos, denn seit seine Tochter ausgezogen ist, sitzt seine Frau täglich stundenlang vor der Mattscheibe und ist vor lauter Soap-operas, Fernsehkrimis und Nachrichten unansprechbar geworden.
In einem Griechenland, das Schlauheit mit Bildung verwechselt und Schundromane mit Literatur gleichsetzt, da werden Skandalmeldungen nicht in Frage gestellt. Janna Karajorgi von Hellas Channel war berüchtigt für ihre Skandalreportagen.
Wer hatte Angst vor ihren Enthüllungen?
Die Albaner, deren obskuren Machenschaften sie auf der Spur war?
Der Kinderschänder, den sie an den Pranger gestellt hatte?
Die Kollegen, denen Karajorgis Erfolg und Eigenständigkeit zu weit gingen?
Der Kommissar führt die Ermittlungen nicht allein, denn auch die Presse will ihn finden: den Mörder der Karajorgi, die nächste quotensichere Sensation.

Rezension:
Kommissar Kostas Charitos ist ein Arschloch, sein Gehilfe Thanissios ein kleiner Wichser und die Journaille von Athen eine sensationsgeile Pest.
Alles wie gehabt und trotzdem - könnte man meinen: Der Bulle als Dreckschwein, die Stadt voller Smog und ein Kriminalfall, der mit ein paar toten Albanern anfängt, sich mit einer toten TV-Journalistin steigert und in einem Durcheinander von Organ- und Kinderhandel mit einem Schuss Agentenblut kulminiert: das könnte als Schimanski an der Akropolis enden, ist aber viel, viel mehr.
Denn Petros Markaris zieht sich die Lederjacke seiner Bullenoper so geschickt an, dass man schnell den Fehler machen kann, Kommissar Charitos' rassistisch-sexistisches Macho-Gefasel für die Stimme seines Schöpfers zu halten.
Doch was bei Mickey Spillane stimmt, stimmt hier nicht.
Markaris' Rollenprosa konfrontiert uns geschickt mit einem Bullen, dem wir weder im Hellen und schon gar nicht im Dunklen begegnen möchten und beweist damit, dass die dreckigen Helden immer noch die besten sind.
Denn irgendwann beginnt man Charitos zu mögen: seine präzisen Einschätzungen, seine Verbissenheit, mit der er sich im Behördendschungel und der Unterwelt auf der Spur des Falles bewegt.
Und wir verstehen, dass er kein größeres Arschloch ist als wir alle.

Reinhard Jahn