Das Buch direkt bei Amazon bestellen Theodor J. Reisdorf
Friesischer Tod

Bastei Lübbe TB
ISBN 3-404-14352-3

Ganz Norddeich gerät in Aufruhr, als bei einem Banküberfall ein Angestellter getötet wird. Die gesamte Stadt sucht fieberhaft den Mörder - ohne Erfolg. Denn anstatt die Tat aufzuklären, meldet die Polizei nach wenigen Wochen den Tod des einzigen Zeugen. Der unbeliebte Lehrer ist hinterrücks auf seiner Yacht erschlagen worden.
Sind Schüler, Kollegen, die betrogene Ehefrau oder die blutjunge Geliebte des umstrittenen Pädagogen für die Bluttat verantwortlich?
Oder gibt es einen Zusammenhang mit dem ersten Mord, der die Ermittler noch immer vor zahlreiche Rätsel stellt?

Rezension:
Jau! möchte man ausrufen, so ischas bei uns anne Küste!
Skipper und Landratten gehen im Friesennerz auf dem Deich längs, rufen mittags Moin! Moin!, trinken drinnen in reetgedeckten Bauernstuben Tee mit Kluntjes und Sahne, essen zum Beispiel an einem Donnerstag Grünkohl und Pinkel und versuchen noch in anderen Dingen stets dem Leser zu beweisen, wie nordisch, wie friesisch, wie anders es in Friesland zugeht. Naja, aber dann haben sie doch die Probleme, die so jeden Menschen hierzulande plagen.
Es gibt Söhne, die sich von den Eltern bevormundet fühlen und kurz vor dem Ingenieur-Studienabschluss alles hinschmeissen, um Sozialpädagoge zu werden; es gibt traurige Lehrer, die von ihrer Frau verlassen wurden, aus dem Haus ausziehen und für Weib und erwachsene Kinder Unterhalt zahlen (die essen übrigens mittags nicht Grünkohl mit Kassler und Wurst sondern Tiefkühlpizza - oder fertiggepulte Krabben); es gibt Frauen, die von ihren langjährigen Ehemännern verlassen wurden, da dieser mit einer zwanzig Jahre jüngeren Frau - noch dazu seine Schülerin - zusammen zieht. Ach, da plagen und mühen sich die Leute aus der Kleinstadt ab, aber so richtig glücklich werden sie nie.
Das allein, die Schilderung ausgewählter Lebenssituationen würde ja schon reichen, um tief zu seufzen und sich einen Krimi lesend zu wähnen. Aber wie das bei Krimis nun mal so ist, geschieht dann auch schon der erste Mord.
Und kaum hat man sich wieder an das Kleinstadtleben und die Bewohner mit all ihren Sorgen und Nöten und Freuden gewöhnt, bums, ist wieder einer tot.
Nur gut, dass die Schilderung friesischer Gewohnheiten, hin und wieder das Anlegen eines Fährschiffes, ab und zu eine steife Brise mit leichtem Wellengang den Leser zuweilen verschnaufen lassen.
Nur aufpassen, sich nicht reinziehen zu lassen. Oder noch besser: In der eigenen Kleinstadt vor die Tür treten und den Lehrerssohn beim Cruising in seinem Golf beobachten, oder dem Mann vom Siedlerbund zusehen, wie er die Rasenkante schneidet. Ach ja, so ist das richtige Leben.
Und für angehende Eltern hat dies Buch - übrigens in einer ganzen Reihe von friesischen Romanen erschienen, die der Autor mit sichtlichem bzw. deutlich lesbarem Genuss mit Bezug zu seiner Umwelt niederschrieb - noch das besondere Schmankerl von außergewöhnlichen Vornamensvorschlägen parat: Wie wäre es mit Onno oder Keno oder Enno oder Ubbo. So heißen sie nämlich alle dort oben, in Friesland.

Iris Groschek

 

Gastrezension(en):


Name: Toni Blaeser
Email: toniblaeser@hotmail.com
Datum: 4.7.2002 (19:03)

Als alter Krimileser bin ich auch ein Freund der "Friesen-Krimis" von Reisdorf geworden wegen der einfallsreichen Kriminalfälle und der vortrefflichen Milieukenntnisse und -schilderungen von Friesland und von Lehrerkollegien. Das einzig zu Kritisierende war bisher die lausig redigierte, von Fehlern strotzende Ausgabe der Bücher durch den Bastei-Lübbe-Verlag. Das hat der Verlag nun in den Griff bekommen, dafür enttäuscht mich erstmals der Autor. Man gewinnt den Eindruck, als sei er gegen seinen Willen gezwungen worden, sich an die 350 Seiten heranzuquälen oder als falle ihm kein schlüssiges Ende ein und er schreibe erst mal drauflos in der Hoffnung, irgendwann werde ihm da schon irgendwas einfallen. Ein Großteil des Romans besteht daraus, dass die Ermittelnden ohne rechtes Fortschreiten von Person zu Person fahren, um ihnen mitzuteilen, dass sie sie für den Täter halten, und der Betreffende möge doch bitte dafür sorgen, dass er seie Unschuld beweise (und ich hatte immer gedacht, nach deutschem Recht müsse die Schuld bewiesen werden und nicht der Beschuldigte seine Unschuld). Und wenn man dann schon mal kritisch geworden ist, dann stört es auf Dauer auch, wenn fast jede Szene immer wieder mit dem Wetterbericht beginnt. All up Stee (von dem ich nicht weiß, was es heißt, was aber immer wieder zum Schluss gesagt wird.)