Das Buch direkt bei Amazon bestellen Morag Joss
Der helle Klang des Todes

Original: Fearful Symmetry
Knaur TB
ISBN 3-426-61692-0

Mit Spannung wird die Uraufführung eines Werkes des Nachwuchskomponisten Cosmo Lamb erwartet, da erschüttert der Tod eines Ensemblemitglieds die Musikwelt.
Cellistin Sara Selkirk weiß plötzlich, daß es kein Unfall gewesen sein kann: Das neue Musikstück birgt ein fatales Geheimnis.

Rezension:
Ein Buch für Kriminalisten.
Solche, die das Musikstück nachhören, die die Szenen-Stimmungen beschreiben; die den Stadtplan vor Augen haben, um Wege zu überprüfen und die jedes Gespräch rekapitulieren, ob sich der eine oder andere Verdächtige nicht doch in der einen oder anderen Andeutung zu viel Wissen über die Tat anmerken lässt.
Ein klassischer englischer Kriminalroman mit Personen very british und einer very british erzählenden Autorin. Einer, die weiß, wovon sie erzählt: sie lebt in der Nähe der Stadt, die sie beschreibt und studierte das Genre, das den Krimi bestimmt: Die Musik.
In wunderbar trocken-treffendem Tonfall berichtet Morag Joss von der Welt, in der eine traditionsbewußte englische Kleinstadt gefangen ist. Die Kapitel basieren auf beschreibenden, ruhigen, oft subtil-komischen Erzählungspassagen, die meist recht unerwartet enden. Wenn etwa die pensionierte Oberstudienrätin, deren Gedanken man eben noch mitlesen durfte, auf einmal aus der Sicht einer auf sie zukommenden Nachbarin geschildert wird, die sich wundert, warum die Lehrerin ihr mit zwei verblühten Pfingstrosensträußen zuwinkt, bis sich herausstellt: Es sind keine welken Blumensträuße, sondern die Stümpfe ihrer Hände. Und so endet das langsam begonnene Kapitel recht abrupt mit der ersten Toten.
Herrlich altmodisch im Stil, aber in der Handlung absolut up-to-date, wenn auch eine klassische Cellistin die Hauptrolle spielt. Mittendrin ist die Leserin/der Leser und sieht doch alles mit gebührendem Abstand, damit Platz bleibt für die Ironie und das verstehende Grinsen.
Vorgestellt werden lebensnahe Typen mit ihren Ecken und Kanten. Wie dicke, sich selbst belügende Frauen namens Poppy, die von nichtsnutzigen Männern Dankbarkeit für ihre stille Aufopferung erhoffen; wie ehemalige Marineoffiziere, die im Antiquitätenhandel vor Anker gegangen sind; wie mutterfixierte und trotzdem erfolgreiche neuzeitliche Komponisten; wie chinesische Austauschstudenten mit Drogenproblem und betrogene Ehefrauen, für die man allerdings kaum Mitleid empfindet, da man hofft, dass der gut gebaute Ehemann endlich in den Armen seiner geliebten Cellistin landet - was halt dauert, so ist das mit den Irrungen und Wirrungen, wie im richtigen Leben - weshalb man immer weiter lesen muss, schon allein, um zu sehen, wie diese Beziehungskiste endlich in derselben landet.
Ein Kriminalroman mit so vielen Bildern, mit so guten Beschreibungen, mit erstaunlichen Ideen und unerwarteten Wendungen, mit so interessanten Typen, wie gemacht für ein Drehbuch zu einem superspannenden englischen Zweiteiler.
Wunderbar altmodisch mit Spannungsbogen, Witz und rückhaltloser Aufklärung des Falles.
Ein perfekter Krimi.

Iris Groschek