Das Buch direkt bei Amazon bestellen Charlotte MacLeod
'Der Kater läßt das Mausen nicht'

Original: Something the Cat Dragged in
(3. Band Balaclava Serie)
Dumont TB
ISBN 3-7701-5393-6

Ihr Untermieter war nicht in seinem Zimmer. Sein Bett war völlig unberührt. Dies konnte sie mit Bestimmtheit sagen, denn sie hatte erst gestern die Laken gewechselt und es frisch bezogen.
Betsy Lomax war zu vernünftig, um in Panik auszubrechen, doch nachdem sie in der ganzen Wohnung vergeblich nach ihm gesucht hatte, ertappte sie sich dabei, wie sie in ihrer Schürze, den Teller mit Kuchen noch in der Hand, aus der Eingangstür gehen wollte. Die kühle Herbstluft brachte sie jedoch schnell wieder zur Besinnung, und sie ging nach oben, um Hut und Mantel zu holen.

Rezension:
Das einzige wirklich Überraschende in Charlotte MacLeods Roman ist die Tatsache, dass Balaclava County, der Ort der Handlung, irgendwo in den Vereinigten Staaten angesiedelt ist und nicht in einem verschlafenen englischen Landstädtchen.
Auch beim Lesen schafft man am besten ein "englisches" Ambiente - man setzt sich gemütlich hin, schenkt sich eine Tasse heißen Tee ein, nimmt das 235-Seiten-Taschenbuch zur Hand - und lässt den Tee dann ganz langsam kalt werden, von Seite zu Seite immer mehr gefangen in einer wenig spektakulären aber atmosphärisch dichten Handlung.

Es ist letztendlich gar nicht so einfach zu beschreiben, worin der besondere Reiz des Romans liegt. Das Erzähltempo ist geruhsam, die handelnden Figuren eher schablonenhaft: sei es Fred Ottermole, der etwas trottelige aber stets bemühte Ortspolizist, Professor Ungley, der verschrobene emeritierte Lehrer vom örtlichen College (der aber als erstes Mordopfer zugegeben ohnehin einen kürzeren Auftritt hat), die beiden Kandidaten für das Abgeordnetenmandat: einer ehrlich, spröde und fast ein wenig naiv, der andere eloquent, schmierig und skrupellos, Ruth Smuth, der Vamp aus der Stadt, oder Shandy, Professor am Balaclava College und stadtbekannter Amateurdetektiv, der die Ermittlungen vorantreibt. Letztendlich ist sogar der Schluss absehbar: wie Shandy entdeckt, dass Professor Ungley bei seinem spannenden (letzten) Vortrag über Federmesser im Clubhaus der Balaclava Society ... aber halt, es soll an dieser Stelle doch nicht zuviel verraten werden.

Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus der malerischen, sehr bildhaften Erzählweise, dem ironischen Witz besonders der Hauptfigur, dem überschaubaren Umfeld, in dem sich der Leser (vielleicht gerade wegen der typisierten Figuren?) sofort Zuhause fühlt: im Ergebnis bleibt eine kurzweilige Lektüre, die auch für Krimieinsteiger, S-Bahn-Fahrer oder Wenig-Leser bestens geeignet ist.
Als Sommer-Sonne-Lesebuch für den Strand im Sommerurlaub eher weniger ist MacLeods Roman aber vor allem das ideale Buch für gemütliche Schmökerabende im Herbst und Winter - es sei denn, Sie mögen Ihren Tee nur heiß.

Rainer