Das Buch direkt bei Amazon bestellen Richard Price
Das Gesicht der Wahrheit

Original: Freedomland
Goldmann, gebunden
ISBN 3-442-30832-1

Eine junge Frau stürzt blutüberströmt in die Notaufnahme eines städtischen Krankenhauses. Später wird sie aussagen, sie sei überfallen worden. Der Täter, ein Schwarzer, habe sie aus dem Wagen gezerrt und sei mit dem gestohlenen Auto davongerast.
Das Schlimmste daran: ihr vierjähriger Sohn lag schlafend auf dem Rücksitz. Ein brisanter Fall für Kommissar Lorenzo Council.
Doch die Fahndung nach Brenda Martins verschollenem Jungen bleibt ergebnislos. Lorenzo Council wundert dies nicht - er spürt, dass Brenda weit mehr über das rätselhafte Verschwinden ihres Kindes weiß, als sie zugibt.
Was nur verbirgt die schüchterne, hilflos wirkende Mutter? Ist sie eine Frau mit zwei Gesichtern, die eiskalt das Leben ihres Sohnes aufs Spiel setzt, um sich selbst zu schützen?
Der Fall wird immer rätselhafter - bis Brenda eine ungeheuerliche Aussage macht...

Rezension:
Um von vorneherein mit offenen Karten zu spielen, "Das Gesicht der Wahrheit" ist kein Kriminalroman. Mehr eine Studie.
Eine Studie über Rassismus. Über Polizisten. Über Reporter. Über Mütter. Über das Zusammenleben von Menschen verschiedener Hautfarben in zwei verschieden kolorierten Städten der USA.
All das, aber kein Kriminalroman.
Dabei könnte das Buch vom Thema her sehr spannend sein.
Eine junge Frau (weiß) betritt nachts das Krankenhaus von Dempsey durch die Notaufnahme. Sie ist verstört, hat blutende Wunden an ihren Händen, verursacht durch Glassplitter und Steine.
Sie erzählt von einem Schwarzen, der Ihr Auto gestohlen hat. Auf dem Rücksitz des gestohlenen Wagens saß zu dieser Zeit noch Cody, der kleine Sohn von Brenda Martin, so heißt die Hauptfigur des Romans.
Für Detective Lorenzo Council (schwarz), eine Art großer Onkel, bei allen, überwiegend schwarzen Einwohnern Dempseys, respektiert und geachtet, beginnen einige schwere Tage, die von Price eindrucksvoll und authentisch geschildert werden. Fast beginnt beim Leser der Schweiß über den Rücken zu rinnen, wenn der Autor von der drückenden Schwüle in Dempsey oder dem überwiegend von Weißen bewohnten Nachbarort Gannon erzählt.
Eine weitere Hauptfigur der Studie ist Jesse Haus (weiß), die Reporterin einer ortsansässigen Zeitung, die es durch clevere Manipulation schafft, einige Zeit mit der von allen Reportern gejagten Brenda zu verbringen.
Brenda Martin verstrickt sich im Laufe weniger Tage in immer mehr Widersprüche. Die Suche nach dem schwarzen Entführer nimmt zwischendurch groteske Züge an. Prediger und lokale Politiker nutzen die Story aus, um auf die, in ihren Augen offensichtlichen, Missstände in Dempsey und Gannon hinzuweisen.
Price ist ein sehr aufmerksamer Beobachter, ein Nuancierer von Stimmungen und Gefühlen.
Aber, er ist kein Krimiautor.
Er schafft es während der langen 606 (350 zuviel) Seiten nicht, irgendeine Form von Spannung aufzubauen.
Wer einen guten Krimi sucht, leichte Lektüre mit Gänsehauteffekt, wird von diesem Buch schwer enttäuscht sein.
Und warum Dutzende von nagelneuen Kühlschränken in Dempsey auf der Strasse stehen, wird wohl auch nur der erfahren, der 50.-DM für dieses Buch ausgibt.

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