Liza Marklund
Olympisches Feuer - Hörbuch

gelesen von Ulrike Kriener
Original: Sprängaren
(4. Band)
Hoffmann und Campe Hörbuch
ca. 200 Minuten

Ulrike Kriener:
geboren 1954, ist bekannt durch zahlreiche Fernsehrollen, u.a. als TV-Kommissarin Lisa Falk. Für ihre Rolle in "Der Hammermörder" wurde sie 1989 mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet, 1998 erhielt sie den Telestar für "Reise in die Nacht".

Annika Bengtzon arbeitet als Redaktionsleiterin der Stockholmer "Abendpresse". Sie ist erst seit kurzem in dieser Position, als ein Bombenattentat die schwedische Öffentlichkeit erschüttert: ein Anschlag auf das Olympiastadion - wenige Monate vor Eröffnung der Spiele. Das Bauwerk ist stark beschädigt, und die Polizei findet in den Trümmern die zerfetzten Teile eines Leichnams.
Annika wird mit der Berichterstattung betraut und recherchiert die Hintergründe dieses spektakulären Anschlags. Sie ist eine erfahrene Reporterin, hat die nötigen Verbindungen und Quellen und vor allem das Gespür für die Motive und Querelen im Hintergrund.
Um das Attentat begreifen zu können, muß sie sich mit den Menschen, mit ihren Geschichten und verborgenen Geheimnissen befassen, doch diese Arbeitsweise findet nicht die ungeteilte Zustimmung der Kollegen. Mißgunst und Neid schlagen ihr in der Redaktion entgegen; ein zweiter Anschlag scheint ihre Hypothese zunichte zu machen, und als ob sie nicht genug Schwierigkeiten hätte, fordert auch ihre Familie ihre Aufmerksamkeit.

Rezension:
Dies ist ein Roman über das Tageszeitungsgeschäft, in dem es - wie wir alle spätestens seit "Lou Grant" wissen - nicht nur im Sinne der Auflage zuweilen durchaus von Vorteil ist, wenn die Mitarbeiter auch detektivischen Spürsinn besitzen.
Ein Thriller gar, dessen letzte 80 Seiten es an Dramatik und Spannung mit jedem amerikanischen Vertreter des Genres aufnehmen können.
Aber vor allem ist es ein Buch (vorwiegend) über, aber nicht notwendigerweise ausschliesslich für Frauen.

Da ist zunächst die engagierte Journalistin Annika, eine erfreulich menschliche Protagonistin, die sich als Neo-Ressortleiterin und berufstätige Mutter gleich an zwei Fronten behaupten muss.
Wie für alle Frauen in Führungspositionen heisst es auch für die Schwedin, sich ihren Platz an der Spitze der bisherigen Kollegenschaft hart zu erkämpfen - gegen alte Seilschaften, verkrustete Strukturen, die üblichen Machtspiele dienstälterer Mitarbeiter.
Und wie alle Geschlechtsgenossinnen, die sich entschieden haben, "zweigleisig" zu fahren, Kinder und Karriere zu verbinden, muss auch die energiegeladene Polizeireporterin mit einem schlechten Gewissen leben. Und zwar immer dann, wenn der tägliche Spagat zwischen Kindergarten-Abholzeiten und Redaktionskonferenzen nicht funktioniert. Dann, wenn Überstunden anfallen und ausgerechnet den Sonntags-Familienausflug zunichte machen. Aber auch dann, wenn die Kollegen im Zuge einer wirklichen Teamarbeit eigentlich auf die Präsenz der Chefin angewiesen wären.
Hier ist in jeder Zeile zu spüren, dass Autorin Liza Marklund weiss, wovon sie spricht: Sie ist nicht nur selbst Reporterin, sondern hat auch drei Kinder. Die mit Sicherheit auch schon krank oder unleidlich waren, wenn gerade ein extrem wichtiger Termin anstand, während der Babysitter natürlich auf sich warten liess...
Dass sich die Leserin mehr mit einer solchen Heldin identifizieren kann, als mit den perfekten, erfolgreichen, durchgestylten Superfrauen anderer Romane - wen wundert es?

Doch weit gefehlt, nähme man an, Marklund würde sich mit der Ausarbeitung der Probleme dieser einen Figur begnügen und die anderen nur am Rande agieren lassen.
Sie führt vielmehr noch andere Handlungsstränge ins Feld - auch diese eng verbunden mit dem weiblichen Element. Und mit dem allgegenwärtigen Thema "Macht".
Da geht es einmal mehr um Frauen als Bosse, als Vorgesetzte von Männern und anderen Frauen - mit allen Opfern, Kompromissen und Intrigen, die es hinter sich zu bringen gilt, bevor frau in der "ersten Liga" mitspielen darf. So wie Christina Furhage, die Olympia-Chefin.
Aber auch die "underdogs" kommen zum Zug - jene Frauen und Mädchen, denen der Weg nach oben nicht vergönnt war und die zur Riege derer gehören, die immer nur einstecken müssen (oder dies zumindest annehmen). Kolleginnen und Sekretärinnen, Projektleiterinnen oder geknechtete Ehefrauen - sie alle verbindet eine, tatsächliche oder vermeintliche, Ohnmacht, die zu höchst unterschiedlichen Reaktionen führt.

Genau das zeichnet dieses Buch aus und macht es so ausserordentlich lesenswert - die Fähigkeit der Autorin, packend die Gefühle und Aktionen ihrer Charaktere zu schildern, ohne in ein Betroffenheitsklischee abzurutschen. Und ohne die Erwartungen, die der Leser an einen durch und durch spannenden Kriminalroman stellt, auch nur im Geringsten zu enttäuschen.
Den Namen Liza Marklund wird man sich in der Tat merken müssen.

Miss Sophie