Das Buch direkt bei Amazon bestellen Helga Glaesener
Die Rechenkünstlerin

List TB
ISBN 3-612-65045-9

Heidelberg im Jahr 1389:
In den Mauern des provinzlerischen Heidelberg haben sich die fähigsten Köpfe des Prager studium generale zusammengefunden, um die erste deutsche Universität zu gründen.
Carlotta Buttweiler, geschlagen mit roten Haaren und eher kläglichen Kochkünsten, ist die Tochter des Pedells der neuen Universität. Carlotta versorgt - wie es ihre Pflicht ist - die Scholaren, jedoch gilt die Leidenschaft der jungen, klugen Frau der Mathematik.
Doch dann gerät plötzlich alles in Bewegung: Carlottas Freundin Zölestine, dumm, hübsch und verheiratet, nimmt sich das Leben. Carlotta wird mißtrauisch: Sollte sich ihre Freundin wirklich umgebracht haben?
Was treiben die Scholaren Bertram und Benedikt, wenn sie sich aus der Stadt stehlen?
Warum hat Benedikt Alpträume, und was ist das für ein Buch, das Bertram unter seiner Strohmatratze verbirgt?
Carlotta macht sich auf die Suche nach Zölestines Mörder und findet dabei unverhofft einen scharfsinnigen Helfer: Jovan Palac, Magister der Jurisprudenz, der bei Nacht und Nebel anreist und zunächst gar nicht so respektable wirkt, wie man erwarten sollte.
Und was anfangs wie ein simples Verbrechen aussieht, entpuppt sich als handfester Skandal um Hexerei und Schwarze Kunst.
Die Spur führt in die Universität, und diese beginnt zu reagieren...

Rezension:
Wer sich einlässt auf Heidelberger Scholaren und Prager Magister und an Mathematik begeisterte rothaarige Frauen im 14. Jahrhundert, auf schwarze Magie, Vorurteile und Aberglauben, auf Heimlichkeitsfeger und gelbe struppige Katzen, der hat ein aufregendes Buch vor sich, das in eine spannende längst vergangen gewähnte Welt führt, die doch so sehr mitnehmen kann, dass sie gar nicht so arg weit entfernt scheint.
In ordentlicher Romanmanier, manchmal etwas ausschweifend erzählt mit ein paar kleineren Ungereimtheiten - aber so waren ja auch wohl mal die Zeiten, alles ging ein wenig gemächlicher und letztlich ist dies ja auch und vor allem eine Liebesgeschichte.
Eine mit ein paar mehr oder minder deftigen bis grausigen Einzelheiten, die halt gut ins finstere Mittelalter passen, von Fürzen am Tisch über dumpfe Verließe, zu niedrig, um sitzen zu können und Ratten, die arme Tote anknabbern bis zu gekochten Säuglingen.
Halbwegs besorgte Mahnungen werden immer wieder laut - kommen sie dem im 21. Jahrhundert lebenden Leser nicht auch heute bekannt vor? - , wie: verhalte dich still und unauffällig, finde nichts heraus, kläre nichts auf - lebe ein einfaches, stilles, dienendes, gottgefälliges Leben - genügt das nicht zur Zufriedenheit?
Und außerdem, was kann alles passieren, wenn man sich nicht an solche Ratschläge hält!
Nun ja, 1389 konnte man als Hexe verbrannt werden, die heutigen Probleme mag sich der Leser selber vorstellen.
Die Buttweilerin ist eine selbstbewusste junge Frau, so richtig nach dem Geschmack der heutigen Romanfreunde, auffällig rothaarig und unschicklich neugierig. Kann zwar kein Kochrezept behalten, dafür diverse mathematische Theorien anschaulich darstellen.
Nicht grade eine Allerweltsfrau vor 600 Jahren, mag man meinen, geradezu geschaffen, um auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, ahnt man.
Wie diese Frau sich durch eine Welt der Magie und des Aberglaubens schlägt, wie sie alles versucht, um Recht Recht werden zu lassen, das lässt sich nachvollziehen.
Mutig voran, Carlotta!
Auf dass du gewinnen mögest!
Und dass du den Mann bekommen mögest, den du liebst!

Iris Groschek