Das Buch direkt bei Amazon bestellen Batya Gur
Du sollst nicht begehren - Ein Inspektor-Ochajon-Roman

Goldmann TB
ISBN 3-442-05384-0

Als Osnat Harel in die Krankenstation des Kibbuz eingeliefert wird, sieht alles nach einer schweren Lungenentzündung aus. Zwei Stunden später ist die schöne Kibbuz-Sekretärin tot - Opfer eines Penicillin-Schocks, wie es scheint. Doch die Obduktion fördert Spuren eines tödlichen Pflanzenschutzmittels zu Tage.
Das Unvorstellbare scheint Realität geworden zu sein: in Mord im Kibbuz, jenem scheinbar so friedliche Modell einer besseren Welt.
Inspektor Michael Ochajon soll Licht in den Fall bringen.
Bei seinen Ermittlungen dringt er als Außenstehender Stück für Stück in den abgeschotteten Kosmos des Kibbuz ein.
Und schon bald wird offenkundig, dass hinter der Fassade von Harmonie und Solidarität tödliche Konflikte lauern.

 

Gastrezension(en):


Name: Bernd Mai
Email: BernieM@t-online.de
Datum: 6.1.2002 (15:01)

Ephraim Kishon war der einzige israelische Autor, den ich bislang kannte. Aber Ephraim Kishon lebt in der Schweiz, und vermutlich spricht er besser deutsch als hebräisch. Und nun: Batya Gur, "Du sollst nicht begehren" und Inspektor Ochajon. Eine Inhaltsangabe spare ich mir, wer will kann oben nachlesen. Aber was geschieht außerdem? Ist es doch immer diese Frage, die es uns ermöglicht, einen guten Krimi von einem schlechten zu unterscheiden, und dies ist ein guter Krimi, das schon mal vorab. Gleich zu Beginn verstößt B. Gur gegen eine wichtige Krimi-Regel: Es dauert die kleine Ewigkeit von vierzig Seiten, ehe etwas - im Krimi-Sinne - Nennenswertes geschieht. Statt dessen erleben wir den Beginn eines Festes in einem Kibbuz, als hätte es Paustowski geschrieben, erfahren eine Menge über israelische Geschichte und Alltagskultur, den Zionismus und über politische Ökonomie. Manches kommt dem Ostdeutschen seltsam vertraut vor, aber das hat Gründe, über die hier nicht zu reden sein soll. Und dann der Inspektor: Ein Jude, der nicht aus Europa stammt, sondern aus Marokko. Ein Mann mit Gefühl, er liebt klassische europäische Musik - dabei sollten ihm das Orientalische doch näher sein -, sein Privatleben ist das reinste Chaos und ein Sensibelchen ist er außerdem. Man fragt sich, wie er es fertigbringt, am Ende die Übeltäter zur Strecke zu bringen, zumal er erst im fünften Kapitel ins Geschehen eingreift. Aber der Inspektor ist ein zäher Hund. Er kann arbeiten bis zur Erschöpfung, er hat Ideen, und er versteht es, seine Mitarbeiter zu motivieren und die Vorgesetzten zu überzeugen. Wer ausschließlich den Hard-boiled-Detektiv liebt, wird ihn nicht mögen. Wer jedoch überzeugende literarische Figuren mag, der wird ihn lieben. Und am Ende löst er noch andeutungsweise den Vater-Sohn-Konflikt. Doch bis dahin noch mehr Lektionen in Theorie und Praxis der Idee vom Kibbuz, in Volkwirtschaft und in israelischer Geschichte und Volkskunde. Wer will, kann ab und zu ein paar Seiten überspringen, aber davon rate ich ab. Die Autorin breitet vor dem staunenden Leser ein Panorama aus, das ihm eine fremde und doch vertraute Welt nahe bringt, und sie läßt keine Fazette aus und es ist ihr keine Einzelheit zu unbedeutend, um ihn auf zauberhafte Weise darauf aufmerksam zu machen. Die Fäden der Handlung werden verwirrt und verschlungen, und dem Leser klappt manchmal die Kinnlade herunter, und am Ende atmet er erleichtert auf. Er legt das Buch beiseite, und er hat dieses kleine Gefühl von Trauer und Leere, das er so gut kennt. Doch gemach, er kann die Leere füllen, die Autorin hat noch andere großartige Bücher geschrieben. In jedem ihrer Kriminalromane greift sie einen Aspekt israelischen Lebens heraus, und sie sollte den Preis "Israelisch - für die Welt" bekommen, falls es den gibt. Von mir jedoch bekommt sie den Titel "EineR meiner LieblingsautorInnen". Und das ist doch auch was.