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Tod durch das Fallbeil - Der deutsche Scharfrichter Johann Reichhart (1893-1972)

Ullstein TB
ISBN 3-548-36243-5

Als letzter Scharfrichter Deutschlands geächtet, war Johann Reichart ein einsamer und von allen gemiedener Mann.
Während seiner Amtszeit, 1924 bis 1947, vollstreckte er insgesamt 3165 Todesurteile.
Im August 1944 begegnete der Autor Johann Dachs dem Richter persönlich. Ein elegant gekleideter, sehr freundlich wirkender Mann stand vor ihm. Zu diesem Zeitpunkt hatte Reichart bereits Tausende Hinrichtungen vollzogen.
Dachs begann, zahlreiche Zeitzeugenaussagen und Aktenmaterial auszuwerten, um Reicharts außergewöhnliches Leben aufzuschreiben und nach den Umständen zu forschen, die den treusorgenden Familienvater dazu gebracht haben, sein blutiges Handwerk auszuüben.
Entstanden ist eine spannende Biographie und ein schockierendes Stück Zeitgeschichte.

Rezension:
Hand aufs Herz - hätten Sie (ohne im Lexikon nachzuschlagen oder in Ihren verschütteten Geschichtskenntnissen zu kramen) gewusst, dass noch nach dem 2. Weltkrieg in (West-) Deutschland Todesurteile vollstreckt wurden? Und dass bis zur Abschaffung der Todesstrafe 1987 in der ehemaligen DDR etwa 130 Hinrichtungen durchgeführt wurden?
Wer sich für diese Aspekte der deutschen Geschichte und auch für die Zustände in den ersten dreißig Jahren des vergangenen Jahrhunderts interessiert, der ist mit diesem Sachbuch gut bedient.
Der Autor, bis 1988 Leiter der Münchner Polizeiinspektion 31 schafft es, anhand der Lebensgeschichte eines der letzten deutschen Scharfrichter, Johann Reichhart, erfreulich "unreißerisch" über ein doch eher makabres Thema zu berichten.
Fotos und historische Dokumente wie Briefe, Zeugnisse oder Verordnungen ergänzen die Beschreibung des Lebens und Wirkens dieses Vertreters eines doch (zum Glück) eher singulären Berufsstandes.
Kaltes Grausen befällt den Lesern, wenn er sich vor Augen führt, dass während des Naziregimes nicht nur "normale" Verbrecher durch Erhängen, Erschießen oder die Guillotine (wortwörtlich) ihren Kopf verloren, sondern viele viele Menschen ihr Leben lassen mussten, die es gewagt hatten, sich über den Führer, die Partei oder den Ausgang des Krieges abfällig zu äußern.
Über die Anzahl mag die Tatsache Aufschluss geben, dass sich der Scharfrichter (bei einer Entlohnung von 40 Reichsmark pro Hinrichtung in München-Stadelheim und 60 Mark in einer der auswärtigen Strafanstalten in Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Böhmen und Österreich, die er ebenfalls "betreute") 1942 ein Eigenheim kaufen konnte. 1943 erwirtschaftete er gar neben seinem jährlichen Grundeinkommen von 3000 Mark zusätzliche Sonderzahlungen in Höhe von 41.748,20 (764 Enthauptungen plus Fahrtkosten und Aufwandsentschädigung) ...
Fazit: Was der Leser hier bekommt, ist ein eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte, eindrucksvoll und doch nicht wissenschaftlich-trocken, ohne dabei zu einem "Blut, Schweiß und Tränen"-Traktat für die Liebhaber schauriger Mordgeschichten zu verkommen.

Miss Sophie