Das Buch direkt bei Amazon bestellen Åke Edwardson
Das vertauschte Gesicht

Original: Sol och skugga
Claasen gebunden
ISBN 3-546-00240-7

Erik Winter fühlt sich bei weitem nicht mehr wie der jüngste Kriminalkommissar von ganz Schweden. Nicht nur, dass er bald vierzig wird, nein, er zieht mit seiner Freundin Angela zusammen, und - sie ist schwanger.
Als sei das noch nicht genug der Verantwortung, erreicht ihn ein Anruf aus Spanien: Seine Mutter bittet ihn, nach Marbella zu kommen, der Vater liegt im Sterben.
Dann jedoch geschieht ein ungewöhnlich grausamer Mord - nur ein paar Häuser von Kommissar Erik Winters Wohnung entfernt.
Das ermordete Ehepaar, das auf dem Sofa sitzend aufgefunden wird, die Musik, die vom Endlosband kommt, die sorgfältig arrangierte Szene am Tatort: Allen im Ermittlerteam ist bald klar, dass es sich bei dem Täter um einen schwer gestörten Mann handeln muss - erst recht, als dieser beginnt, Winter aufzulauern und ihn persönlich in den Fall zu verwickeln.
Und als dann auch noch klar wird, dass der Mörder in den eigenen Reihen zu suchen ist, sieht sich Winter an die Grenzen seiner psychischen Belastbarkeit getrieben.
Doch nicht nur der Kommissar selbst schwebt in großer Gefahr ...

Rezension:
So schnell können keine Augen blicken, so schnell kann kein Gehirn reagieren, und doch: die letzten Seiten fliegen nur so vorbei, schneller, schneller, meine Güte, was passiert da!
Der Leser weiß mehr, aber er weiß nicht alles.
Die langsam gewachsene Spannung ist geradezu unerträglich, man will es jetzt wissen!
Ake Edwardson hat eine fast unheimliche Gabe, den Leser in seinen Bann zu ziehen. Man nimmt teil am Göteborger Leben kurz vor dem Jahrtausendwechsel, ist ganz dicht dran an den Polizisten, die versuchen, ihren Job möglichst gut zu machen, am nachdenklichen Kommissar Winter, an den der Schrei nach Hilfe gerichtet ist, am jungen geprügelten Zeugen, an höllischer Migräne und an swingender Tom Waits-Musik, Kälte in Mölndal, Hitze an der Costa del Sol, einkreisenden logischen und umkreisenden psychotischen Gedanken.
Edwardsons Schreibstil verlagert sich ganz sanft von Person zu Person. Nur wenig ist anders, aber doch wechselt der Leser von Innenansicht zu Innenansicht, macht alles mit, ohne dass die Atmosphäre der Geschichte unterbrochen wird.
Alltägliches ist auserzählt, das Schlimmste ist angedeutet.
So scheint der Roman eine eins-zu-eins-Abbildung des Alltags. Alles ist so fürchterlich real: Der Versuch des Vaterwerdens genauso wie das langsame Erkennen des Kommissars; das tägliche Aufgreifen von alkoholisierten Jugendlichen, Teil eines zermürbenden Polizistenalltags genauso wie die Angst machende innere Vorstellung des Hilfeschreienden, dessen Schrei erst gehört wird, als er im Äußeren gestaltet wird, als niemand mehr wegschauen kann.
Die Geschichten des mehrfach dekorierten Autors sind realistisch und authentisch, gesellschaftskritisch und atmosphärisch und - v.a. eines: unglaublich spannend!
Wie gut, dass Edwardson angekündigt hat, die Entwicklung Kommissar Winters auf 10 Bände auszudehnen.
Mehr!

Iris Groschek