Das Buch direkt bei Amazon bestellen Bernhard Thieme
Ein Toter zu viel

be.bra TB
ISBN 3-89809-007-8

Juli 1999: Die riesige Umzugsmaschinerie, die die Regierung von Bonn nach Berlin bringen soll, läuft auf Hochtouren, gravierende Zwischenfälle sind nicht eingeplant.
Doch dann tauchen im Bundespresseamt zwei Umzugskisten auf und sorgen für Aufregung. Sie sind keiner Abteilung zuzuordnen und mit ihrem Inhalt will eigentlich niemand etwas zu tun haben, denn die grausige Fracht besteht aus zwei toten Bundestagsabgeordneten.
Zwei rätselhafte Morde, zumal die beiden Politiker verschiedenen Fraktionen angehörten: Dr. Johannes Würkert war Mitglied der CSU, Berthold Bennewitz der PDS.
Eine Vielzahl von Spuren bringt den eilends eingerichteten Krisenstab schier zur Verzweiflung. Die einen vermuten einen Anschlag linker Terroristen, die anderen eine Tat der rechtsradikalen Szene. Der eine Abgeordnete wird mit Geldwäsche in Verbindung gebracht, der andere war in undurchsichtige Baugeschäfte verwickelt. Fährten führen nach Südamerika, andere wieder nach Portugal.
Doch was verbindet die beiden MdBs? Beide stimmten gegen den Regierungsumzug, doch ist das ein Motiv für Mord?
Hauptkommissar Werner Strothmann von der Mordkommission Berlin Mitte hat eine ganz andere Vermutung, denn die Vorgehensweise des Mörders kommt ihm sehr bekannt vor. 1975 wurde die Leiche einer Frau in den Berliner Hackeschen Höfen gefunden, die auf die gleiche Weise getötet wurde wie die Politiker - erdrosselt mit einem merkwürdig geknüpften Halstuch.
Gemeinsam mit seinem Kollegen Rainer Spies, der attraktiven Referendarin Anne Soltau, der kettenrauchenden Staatsanwältin Müller-McCloud und nicht zuletzt seiner gewitzten Mutter nimmt Strothmann die alte Spur erneut auf...

Rezension:
Wer sich gern Bundestagsdebatten anhört, wird am Anfang dieses Krimis nicht stocken, alle anderen seien vorgewarnt: Das Vorwort und somit der Auftakt des Falles führt einen in Versuchung, in Anlehnung an den Titel "Ein Prolog zu viel!" auszurufen.
Aber das täuscht - zum Glück!
Die beiden ineinander verzahnten und vernetzten Verbrechen, die danach langsam aber stetig an Verzwicktheit und Spannung zunehmen, sind das Weiterlesen wert.
Es sind dies insgesamt vier Morde, einmal 1975 in der ehemaligen DDR an zwei Frauen, einmal 1999 in der wiedervereinigten Bundesrepublik an zwei Abgeordneten begangen, die offenbar einige Parallelen aufweisen.
Man muss allerdings höllisch aufpassen oder aber doch schon ein sehr gutes Namensgedächtnis haben, um nicht irgendwann einmal zurück blättern zu müssen.
Was allerdings wirklich besticht an diesem Roman ist nicht der kriminalistische Fall, sondern sowohl die schon fast reiseführermäßige Beschreibung des modernen wie auch des älteren Berlin bis hin zur vorangegangenen Jahrhundertwende als auch die außergewöhnlich gute Figurenzeichnung der Hauptpersonen.
Diese beiden äußerst gelungenen Komponenten machen das Buch zu einem Lesevergnügen, dessen Zusatzbonbon dann noch die zu lösenden Morde sind!
Gern würde man mehr von den Fällen Strothmanns und seiner Mutter lesen ....

Erika Drake