Pascal Mercier
Der Klavierstimmer
btb TB
Ein berühmter italienischer Tenor wird während der Aufführung von Puccinis "Tosca" auf offener Bühne erschossen.
Rezension: Hauptfiguren:
* Frédéric Delacroix; Deutschschweizer; Klavierstimmer und erfolgloser Opernkomponist; unehelicher Sohn einer armen Frau, wuchs später im Waisenhaus auf
Ein Schuss - ein Toter - ein Geständiger - und doch kein Kriminalroman im üblichen Sinne.
Erika Drake
ISBN 3-442-72654-9
Die Kinder des Täters, die Zwillinge Patrice und Patricia, reisen ins Elternhaus nach Berlin, um zu verstehen, wie es zu dieser pathetischen Tat kommen konnte. Schicht um Schicht legen sie die Beweggründe frei, die ihren Vater, einen legendären Klavierstimmer und erfolglosen Opernkomponisten, zur Waffe greifen ließen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der Zwillinge. Jahre zuvor waren sie vor ihrer inzestuösen Liebe in verschieden Hemisphären geflohen. Ihr Wiedersehen und die zunächst unbegreifliche Tat des Vaters führen dazu, dass sie ihre Sprachlosigkeit beenden und aufschreiben, wie sie die einstige Intimität erlebt haben.
Durch den Prozess des Erinnerns werden sie schließlich, für den anderen und für sich selbst, zu eigenständigen, voneinander unabhängigen Personen.
* Chantal Delacroix de Perrin; ehemalige Balletttänzerin; nach Unfall mit Hüftbruch morphiumabhängig; rheumakrank; Ehefrau Frédérics
* Patrice Delacroix; Sohn Frédérics und Chantals; Übersetzer in Chile
* Patricia Delacroix; Tochter Frédérics und Chantals; Cutterin in Paris
* Antonio di Malfitano; berühmter italienischer Tenor; Frauenheld; spielsüchtig
* Clara Desirée Fontana-Aslanischwili; Mutter Chantals; musikalisch begabte Künstlerin; rheumakrank
* George Perrin; von den Zwillingen G.P. genannt; Mann Claras, Vater Chantals; grobschlächtiger Antiquitätenhändler; Waffen- und Militär-Narr
* Elena Fontana-Aslanischwili; Mutter Claras; weltberühmte Balletttänzerin; rheumakrank; morphiumsüchtig; beging Selbstmord
Eine tote Mutter - ein verhafteter Vater - zwei Kinder auf der Suche nach der Wahrheit - und doch keine Familien-Saga.
Ein Zwillingspärchen, das durch Aufsätze die letzten sechs Jahre aufzuarbeiten sucht - und doch kein profaner Kitschroman.
Man kann sie nicht recht einordnen, diese äußerst lesenswerte Rekonstruktion eines öffentlichen Verbrechens.
Man kann nur versuchen, sie zu beschreiben: einfühlsam, sprachlich dicht und gewandt, auf eine leise Art sehr spannend, raffiniert bis ins Detail - eben einfach nur empfehlenswerte Literatur!