Das Buch direkt bei Amazon bestellen Caroline Roe
Die neun Tage des Verrats

(1. Band Isaac von Girona)
Original: Remedy for Treason - The Chronicle of Isaac of Girona
rororo TB
ISBN 3-499-22519-0

Im Königreich von Aragonien wird Isaac. der blinde Arzt und Wunderheiler, von Bischof Berenguer zu Hilfe gerufen.
In den arabischen Bädern von Girona liegt eine falsche Nonne, tot.
Bald sieht Isaac sich und seine Familie im engen Netz höfischer Intrige gefangen, die darauf zielt, die spanische Monarchie zu zerstören.

Rezension:
Mittelalterliche "Amateur"-Detektive gibt es inzwischen eine ganze Reihe (nicht zuletzt dank Paul Doherty alias Paul Harding alias Celia L. Grace, um nur ein paar der Pseudonyme zu nennen, unter denen der Vielschreiber in diesem Genre aktiv ist) - besteht also wirklich Bedarf an einer weiteren Serienfigur?
Die Antwort muss ein von Herzen kommendes: "JA!" sein - wenn es sich dabei um eine so sympathische Gestalt wie Isaac, den blinden Heiler von Girona handelt.
Zugegeben, die berufliche Tätigkeit dieses Sherlocks mit der feinen Nase, der förmlich riecht, wenn etwas "faul" ist, ist in diesem Zusammenhang nicht wirklich kriminalistisches Neuland - doch wo sich im hier und jetzt jede Menge Gerichtsmediziner, Anwälte und Journalisten ihren Ermittlungen hingeben, da ist im 14. Jahrhundert sicherlich Platz für mehr als EINEN Arzt, der Verbrechen aufklärt und/oder verhindert.
Farbe wird dem Ganzen zweifelsohne durch die Nebenfiguren verliehen - allen voran Yusuf, der junge Maure, mit seinen zwölf Jahren schon so straßenerfahren und gewitzt, dass er jederzeit undercover arbeiten und viele Dinge in Erfahrung bringen kann, die ehrwürdigen Bürgern naturgemäß verschlossen blieben. Und Raquel natürlich, Isaacs Tochter und Helferin, die ihm bei der Behandlung seiner Patienten nicht nur die Augen, sondern falls Eingriffe notwendig sind, auch die Hände ersetzt. Daneben ist die unerschrockene Sechzehnjährige alles andere als auf den Kopf oder den Mund gefallen, was sie für eine Mitarbeit bei ALLEN Unternehmungen ihres Vaters geradezu prädestiniert.
Der Plot hat - wir kennen das aus den Geschichtsbüchern - viel mit politischen Intrigen zu tun, mit einem gewaltsam herbeizuführenden Machtwechsel, Fanatismus auf der einen und aufgehetzten Mitläufern auf der anderen Seite. Viele der handelnden Personen sind inkognito, und natürlich darf die tugendsame Jungfrau nicht fehlen, die es aus den Fängen ihr übel wollender Schurken zu retten gilt.
Autorin Roe, ihres Zeichens promovierte Absolventin des Torontoer Zentrum für mittelalterliche Studien, gelingt es, auf 300 Seiten das Königreich von Aragonien im Sommer 1353 auf kurzweilige Art lebendig werden zu lassen.
Ein paar Leute kommen - recht unschön, aber ohne dass zu sehr ins Detail gegangen wird - zu Tode, dafür wird der Leser an anderer Stelle durch ein lustiges Kabinettstückchen entschädigt, das eindrucksvoll beweist, wie mangelnde Schlagkraft durch Schläue wettgemacht werden kann.
Leider verpufft der Schluss etwas und es bleiben die eine oder andere Frage offen, was aber alles in allem dem Lesevergnügen keinen Abbruch tut.
Im Gegenteil: nach Beendigung der Lektüre greift der Liebhaber historischer Krimis gern nach dem nächsten Band, um zu sehen, ob dieser die vom vorliegenden Roman geweckten Erwartungen in das Detektiv-Trio erfüllen kann (und soviel sei verraten: es sieht nicht schlecht aus ... ;-)

Miss Sophie