John Matthews
Das vergessene Kind

Original: Past Imperfect
Goldmann TB
ISBN 3-442-44413-6

August 1963.
Der kleine Christian fährt mit seinem Rad durch die Weizenfelder der Provence. Kurz darauf fällt er einem Mörder zum Opfer.
Über dreißig Jahre später in England:
Der kleine Eyran verliert bei einem Verkehrsunfall seine Eltern und wird von seltsamen Träumen heimgesucht, in denen er einen Jungen und die wogenden Weizenfelder der Provence sieht; in Trance beginnt er sogar französisch zu sprechen...
Dominic Fornier, der den ersten Fall bearbeitet hatte, nimmt die alte Spur wieder auf, und die führt ihn mitten in die Korridore der Macht...

Rezension:
Pädophilie ist ein schwieriges Thema.
Darüber einen Kriminalroman zu schreiben, ist ein noch schwierigeres Geschäft.
John Matthews hat es trotzdem gewagt.
Und er hat es gut gemacht.
Es ist kein Roman, den man so ohne weiteres abschütteln kann, wenn man ihn gelesen hat.
Einfach so, ein weiteres Buch nehmen, eine neue Geschichte lesen, nochmal über das gerade gelesene Buch nachdenken, Zweifel über solch eine Geschichte verarbeiten......,
das Buch raubt Potential.
Es ist eine Geschichte, die nicht nur Pädophilie zum Thema hat, sondern auch noch die unbeantwortete Frage nach früheren Leben.
Als der junge Eyran in den USA seine Eltern bei einem Autounfall verliert, wird er selbst schwer verletzt, liegt tagelang im Koma.
Danach beginnt für ihn eine Zeit, in der er sich an Dinge erinnert, die vor vielen, vielen Jahren einem anderen Kind, dem kleinen Christian passiert sind.
Und zwar im Süden Frankreichs, in der Provence, in einem blühenden Weizenfeld, nahe einem kleinen Fluss.
Christian wurde damals überfallen, vergewaltigt und ermordet.
Der junge, unerfahrene Polizist Dominic Fournier, der Christians Fall bearbeitet, nimmt, aus Rücksicht auf seine todkranke Mutter und weil ihn der Staatsanwalt unter Druck setzt, den Herumtreiber Machanaud fest und macht ihn, gegen sein Gefühl und teilweise gegen besseres Wissen zum Verdächtigen Nummer eins.
Auch Jahre danach, nachdem er sich in die Mutter des toten Christian verliebt hat und ein erfahrener Polizist ist, trägt er diese Schuld wie eine Last mit sich herum.
Und dann, ganz plötzlich, erzählt ein kleiner Junge, der noch nie im Leben perfekt französisch sprach, im Dialekt der Provence vom Mord am kleinen Christian.
Er erzählt so, als sei er selbst bei der schrecklichen Tat dabei gewesen.
In diesen Erzählungen, die ein Psychologe unter Hypnose durchführt, verdichtet er den Verdacht, den Fournier damals schon hatte.
Und Fournier macht sich auf, die Schatten der Vergangenheit aufzuhellen.
Matthews verknüpft auf unwirkliche Weise Gegenwart und Vergangenheit zu einem Netz von Informationen, das dem Leser sehr viel abverlangt.
Matthwes nimmt seine Leser nicht an der Hand und führt sie durch die Geschichte, er treibt sie brachial vor sich her.
Und das in Gegenwart und Vergangenheit.

Das Leben ist... nur ein Moment, der Tod ist auch nur einer!
(Maria Stuart, 3. Aufzug, 6. Auftritt)
Friedrich von Schiller

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