Das Buch direkt bei Amazon bestellen Wendelin van Draanen
Sammy und das Elfenkind

(4. Band)
Original: Sammy Keyes and Runaway Elf
Carlsen, gebunden
ISBN 3-551-55198-7
(Kinder ab 10)

Sammy wird erpresst.
Ausgerechnet der ihr anvertraute Rassehund verschwindet bei der großen Weihnachtsparade auf mysteriöse Weise.
Wenn sie diesen Fall nicht binnen weniger Tage löst, wird Mrs. Landvogt - die reiche Hundebesitzerin - verraten, dass Sammy unerlaubt bei ihrer Großmutter wohnt.
Auf der Suchen nach dem Entführer gerät Sammy in echte Bedrängnis und sie riskiert viel, um den Täter zu überführen.

Rezension:
Was denkt Lieschen Müller über den typischen Multimillionär, in dessen Hauseingang das ganze Appartement einer Mittelklassefamilie Platz hätte?
Dass er (oder besser sie) kleinkariert, arrogant, herrisch und richtig niederträchtig ist, weil man sich mit Geld (und/oder den richtigen "Connections") so gut wie alles leisten kann (und das nicht nur im finanziellen Sinne).
Nun, nach den ersten paar Seiten des neuesten "Sammy"-Bandes weiß der Leser, dass er mit diesem Vorurteil völlig richtig liegt.
Und auch nach Beendigung der Lektüre hat sich daran nichts geändert (soviel zum immer wieder gerne genommenen und zuweilen typisch amerikanischen Klischee des im Lauf der Handlung zum Gutmenschen mutierenden Ekels ...).
Aber der Reihe nach:
Sammy, die 13jährige, von der getreue van Draanen-Fans ja wissen, dass sie widerrechtlich bei ihrer Großmutter im Seniorenheim wohnt, weil ihre Mutter die Stadt verlassen hat, um als Schauspielerin Karriere zu machen (bis zu diesem Moment wenig erfolgreich) muss wieder einmal ihren gesamten Mut und detektivischen Scharfsinn zusammennehmen, um eine Erpressung zu verhindern und eine entführtes Tier wieder wohlbehalten zu seiner Besitzerin zurückzubringen.
Die Besitzerin ihrerseits ist wenig nett - siehe oben - und schnell wird klar, dass in diesem Jugendroman der verschwundene Hund wenig mehr als nur Beiwerk ist. Denn plötzlich geht es um Niedertracht, Missgunst, Gehässigkeit, außerdem um Neid, Trotz, Mutterliebe, das verlassen werden und verzeihen können.
Auch der Tod und das, was - möglicherweise? - danach kommt, werden nicht ausgespart.
Teilweise trägt die Highschool-Lehrerin van Draanen recht dick auf: Jeder hat plötzlich Dreck am Stecken und die Mittel werden schnell unverhältnismäßig (denn wohl hört man auch hierzulande von Teenagern, die sich gegenseitig bekämpfen oder gar töten - aber dass ein Geschäftsmann ein Kind mit der Pistole bedroht, weil er glaubt, das Mädchen könne ihm gefährlich werden, wirkt dann doch etwas überzogen). Das Lesevergnügen beeinträchtigen solche Szenen aber in keinster Weise.
Es gilt, sich von ein paar (liebgewonnenen) Bekannten aus den ersten Bänden zu verabschieden (was eine chronologische Lektüre einmal mehr wünschenswert macht), aber umso vielversprechendere Namen und Figuren tauchen auf: Holly, die Streunerin aus dem letzten Band, Elyssa, das Elfenkind, die noch namenlose Zigeunerin und vielleicht auch Cassie Kuo?
Einige alte Animositäten werden aufgeweicht oder verschwinden gar (aber - keine Sorge - Heather Accosta, Sammys Feindin aus der Schule seit dem ersten Band, ist und bleibt so fies wie eh und je) - was die Frage umso spannender macht, was die Autorin sich als nächstes ausdenken wird, um ihre Leser zu verblüffen.
Das Tempo hat im Vergleich zu Band drei wieder merklich angezogen - es passiert eine Menge. Die Höhepunkte jagen sich - es gibt einiges zu lachen, aber auch diverse Dinge zu "verdauen".
Schwere Themen - leicht gemacht, ohne sie banal werden zu lassen. Das scheint die Devise einer Autorin zu sein, die als Mutter zweier Söhne zeigt, dass sie weiß, wie Teenager denken, fühlen und handeln.
Mit diesem Wissen und einer gekonnten Mischung aus Action, Slapstick, zuweilen recht eigenwilligem Humor und einer stets gut verpackten "Botschaft" hat die Amerikanerin eine sympathische, glaubwürdige Heldin geschaffen, von der man gerne im Frühjahr und Herbst ein neues Abenteuer in Händen hält.

Miss Sophie