Das Buch direkt bei Amazon bestellen Pierre Magnan
Tod unter der Glyzinie

Original: Le Secret des Andrones
Scherz gebunden
ISBN 3-502-10433-6

Im neuen Fall von Kommissar Laviolette, der mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf ermittelt und dessen Phantasie vor nichts zurückschreckt, nach dem "Zimmer hinter dem Spiegel" geht es um einen rätselhaften Sturz von der Zitadelle in Sisteron.
Die Ermordete hieß Jeanne, war Nichte und gleichzeitig Pflegerin von Rogeraine Gobert, einer imposanten, schönen, hochangesehenen Frau, die an den Rollstuhl gefesselt ist.
Die altmodische, vergissmeinnicht-geschmückte Visitenkarte, die sich bei der Toten findet, behält Laviolette "vorsichtshalber" zurück.
Niemand will den Namen kennen. Laviolette weiß vorerst nur: Durch die geheimnisvollen engen Gassen von Sisteron eilt ein Mörder, in einen schwarzen Kapuzenmantel gehüllt, wie ihn früher Briefträger und Polizisten trugen.

Rezension:
Grausam poetische Morde zwischen Vergangenheit und Gegenwart sind es, die in Pierre Magnans Romanen faszinieren.
Durchweg literarisch erzählt mit treffenden Worten, kleinen Ausflügen in die Welt der stimmungsunterstützenden Natur, kurzen Einblicken in die Gedanken verschiedenster Personen und sehr, sehr viel Spannung, machen es diese Romane dem Leser unmöglich, auch nur für kurze Zeit das Lesen zu unterbrechen.
Zu sehr taucht man ein in die Haute-Provence, in Romantik, Verstrickungen, Idyllen und Abgründe.
Die Vergangenheit lebt noch immer unter den Bewohnern des Dorfes - sie ist da, sie wird aber nicht Außenstehenden mitgeteilt. Und Kommissar Laviolette, tatsächlich aus einem nur 20 km entfernten Dorf gebürtig, wird als Außenseiter erkannt.
Doch Laviolette ist einer, der geduldig aber bestimmt recherchiert und sich in seine Fälle mehr als hinein arbeitet.
Laviolette fragt nicht, er beschwört vor sich und den anderen Bildern und Vision herauf, die erschreckend nah an der Wirklichkeit sind. Seine Hartnäckigkeit - oder doch der Zufall? - sind es, die dem Kommissar Indizien bringen. Übrigens unscheinbare Indizien, die zuerst alles andere als Hinweise sind, dann aber doch in Kombination Ergebnisse bringen. Ergebnisse, die in Laviolette Gedanken und Visionen erzeugen, die diesen Fall so sehr in sein Herz und Hirn hämmern, dass er viel tiefer in die Geschichte reingezogen wird, als es einer Lösung des Falles gut täte.
Der Wechsel der Sichtweisen, die ruhige aber unerbittliche Art zu berichten, das Wissen darüber, was unweigerlich gleich geschehen muss, zieht den Leser stark in die Handlung herein.
Wenn ein Mädchen auftaucht, das im Regen ihrer neuen Arbeitsstelle entgegen geht, und der Leser dumpf ahnt, was passieren wird, wenn dann ihre Gedanken mitgeteilt werden, wenn ihre Pläne bitter wichtig werden, dann ist das im Kopf des Lesers mehr als irgendein Mädchen, dann baut man eine Beziehung zu ihr auf, es ist, als kenne man sie. Und man will schnell weiter lesen, schreckhaft ahnend, wie es ausgeht, man will es hinter sich bringen, das Unvermeidliche.
Dieser Fall, versehen mit Romantik, Unnahbarkeit und einem Mord mit Botschaft, ist wie gemacht für den zähen Grübler Laviolette. Obsessiv verfolgt er die Sache, an deren Anfang er als Ohrenzeuge dabei war, und in die er längst viel zu tief hinein gezogen ist, als dass er aufgeben könnte.
Immer tiefer verstricken sich die Hauptpersonen, immer mehr zeigt sich, dass dieser Fall seine Wurzeln weit in der Vergangenheit zu haben scheint.
Zwischen dunklen Gassen, bröckeligen Burgzinnen, rauschenden Bäumen, zwischen stolzen Resistance-Kämpfern, ängstlichen Christen und ahnenden Freunden schleicht Laviolette mit grimmiger Mine und will es wissen.
Und wird es wissen.

Iris Groschek