Diana Wynne Jones
Die Welt des Chrestomanci - Sieben Tage Hexerei
(3. Band)
"Jemand in dieser Klasse ist ein(e) Hexe(r)" stand auf einem Zettel, der zwischen den Geografieheften lag.
Rezension:
Oh nein!
Miss Sophie
Original: Witch Week
Carlsen, gebunden
ISBN 3-551-55215-0
(Kinder ab 10)
Keine ganz ungefährliche Anschuldigung im Larwood-Internat, in dem Hexen und Zauberer unerbittlich verfolgt werden.
Wer hat das geschrieben und vor allem: Wer ist damit gemeint?
Nan, Charles und Nirupam machen sich auf die Suche nach der Wahrheit und erleben dabei Überraschungen, die mehr als nur den Stundenplan durcheinander bringen.
Schließlich kann nur noch Chrestomanci helfen.
Kinder + Zauberer + Internat = Harry Potter?
Das wäre als dürfe in Venedig ausschließlich ein Commissario Brunetti ermitteln, als müssten alle mittelalterlichen Hobby-Detektive den Namen Bruder Cadfael tragen oder als würde man jedem Polit-Thriller, dessen Autor nicht Tom Clancy ist, seine Daseinsberechtigung absprechen.
Aus diesem Grund können auch eingefleischte Potter-Fans sich ruhigen Gewissens auf diese Reihe aus den frühen Achtziger Jahren einlassen, deren zentrales Element der "Chrestomanci" - Name und Dienstgrad zugleich - ist, der höchsten Instanz, wenn es um die Kontrolle der Macht von Zauberei und Hexerei geht.
Allen Büchern gemeinsam ist die Annahme, dass es eine Vielzahl von parallelen Welten gibt, die sich zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Geschichte voneinander abgespalten haben.
Die Ereignisse der Einzelbände jedoch, sowie die handelnden Personen, stehen in keinerlei Zusammenhang miteinander.
So ist auch dieser Roman völlig anders als die beiden ersten "Chrestomanci".
Wo im ersten und zweiten Band (etablierte Hexen-) Familien im Vordergrund standen, haben wir hier eine fast klassische Schulgeschichte. Mit guten und bösen Lehrern, netten und fiesen Klassenkameraden, gelungenen und gefährlichen Streichen - fast möchte man meinen, eine Neuauflage des "Fliegenden Klassenzimmers" vor sich zu haben, wenn, ja wenn da nicht dieses Element der (verbotenen) Hexerei ins Spiel käme.
Dies jedoch dann so gründlich und gekonnt, dass Leser förmlich in den Strudel der Ereignisse eingesogen wird. So schnell und verwickelt wird die Handlung, dass man unwillkürlich nach einem Griff zum Festhalten sucht, um nicht selbst fortgerissen zu werden und vielleicht gar in die Fänge der Inquisition zu geraten.
Fast jeder in dieser Erzählung ist ein völlig anderer als er/sie scheint - manche wissen um ihre Fähigkeiten, andere müssen sie erst nach und nach entdecken und ausprobieren. Sie alle verbindet jedoch die Tatsache, dass das, was sie tun und sind, streng verboten ist und tödliche Folgen nach sich ziehen kann.
Eine unerwartete Entwicklung jagt die andere - wer hier Freund ist und wer Feind, das scheint sich zeitweise von Kapitel zu Kapitel gründlich zu ändern.
Phantastisch, aufregend und so rasant, dass keiner sich schämen muss, der sich aufmacht, noch einmal ganz in Ruhe Seite 5 ff zu studieren, sobald er mit Seite 272 fertig ist ...