Das Buch direkt bei Amazon bestellen Gunther Geserick Klaus Vendura Ingo Wirth
Zeitzeuge Tod - Spektakuläre Fälle der Berliner Gerichtsmedizin

Militzke gebunden
ISBN 3-86189-231-6

Archivbücher eines Instituts für Rechtsmedizin sind eine spannende Lektüre. In denen der Berliner Charité, im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts Leichenschauhaus genannt, stößt der Leser auf eine Reihe bekannter Namen wie Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Walther Rathenau oder Tote der Köpenicker Blutwoche 1933.
Ebenso finden sich hier die Namen von Berliner Juden, denen nur der Freitod blieb, um der Deportation zu entgehen. Man begegnet auch den Opfern des 17. Juni 1953 oder denen der Berliner Mauer.
Die Autoren, international anerkannte Kapazitäten, bereiten die berühmtesten Fälle des ältesten gerichtsmedizinischen Institutes Deutschlands für ein breites Publikum auf, ordnen sie in die Geschichte des 20. Jahrhunderts ein und erörtern ausgewählte gerichtsmedizinische Aspekte.
Sie untersuchen die spektakulären Selbstmordfälle von Vincenz Müller und Dean Reed. Nicht zuletzt widmen sie sich den Verbrechen von Serienmördern wie Karl Großmann oder Paul Ogorzow.
Die Fortschritte bei der Entwicklung des Faches werden von den Autoren ebenfalls überzeugend vermittelt. Sie zeigen beispielsweise den Weg von der einstigen Unterscheidung von Menschen- und Tierblut bis zur DNA-Analyse.
Weitere Arbeitsgebiete wie die Aufklärung von Vergiftungen, besondere Formen der Gewalt und die Bewertung von Obduktionsbefunden werden auf interessante und zugleich bildende Weise vorgestellt.

Rezension:
Ein nahezu unbekanntes Stück Berliner Geschichte wird hier aufgedeckt: die Entwicklung der Gerichtsmedizin in Berlin seit Beginn des 20. Jahrhunderts.
Zum einen werden die baulichen, örtlichen, medizinischen und wissenschaftlichen Umstände von damals bis heute beleuchtet – so erfährt der Leser z.B. dass unbekannte Tote am Anfang des vergangenen Jahrhunderts öffentlich zur Schau gestellt wurden. Ursprünglich diente dieses wohl dazu, eventuell Tote identifizieren zu können, aber diese Toten wurden auch zu sensationellen Attraktionen, zu denen viele Berliner Ausflüge unternahmen.
Neben diesen heute kaum noch bekannten Details werden aber auch einige zumeist spektakuläre Morde detailliert beschrieben. Man muss schon etwas hartgesotten sein, um den Tatort- und Opferbeschreibungen immer emotionslos folgen zu können. Dennoch liest man doch gespannt weiter und will alles wissen, auch wenn die Einzelheiten manches Mal eventuell etwas zu genau beschrieben sind.
Ein Liebhaber gerichtsmedizinischer Beschreibungen und Fan von schonungslosen Beschreibungen der Mordopfer und Tatorte kommt hier gewiss voll und ganz auf seine Kosten. Wenn dieser Leser auch noch Interesse an der Geschichte unserer Hauptstadt hat, die man sonst nicht in den Geschichtsbüchern erfährt, dann ist er mit dem Erwerb dieses Buches bestens beraten.

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