Das Buch direkt bei Amazon bestellen Celil Oker
Schnee am Bosporus

Remzi Ünals erster Fall
Original: Çiplak Ceset
UT metro TB
ISBN 3-293-20181-4

In seinen besseren Tagen war Remzi Ünal Pilot bei der Luftwaffe und bei Turkish Airlines. Seit er dort rausgeflogen ist, sorgt sein Job als Privatdetektiv fürs nötige Kleingeld. Das ist aber ein Beruf, den es in der Türkei noch gar nicht so richtig gibt.
Nicht nur seine Klienten, auch er selbst hat allen Grund, der Polizei aus dem Wege zu gehen. Dass er bei seinem ersten großen Fall nicht nur einen ausgerissenen Studenten finden soll, wird ihm schmerzhaft klar, als er über eine Leiche stolpert, seltsame Päckchen hin- und hertransportieren soll und plötzlich seine Aikido-Kenntnisse dringend braucht.
Er lernt die verborgenen Seiten von Istanbul kennen.

"Schnee am Bosporus" wird in der Türkei verfilmt.

Ausführliche Informationen zu diesem Titel zusammen mit einem ausführlichen Interview mit dem Autor finden Sie auf dieser Webseite.

Rezension:
Ein Journalist, der B-Movies liebt, entwickelt sich nicht unbedingt zum Trash-Autor, wenn er das Genre Krimi für sich entdeckt.
Im Gegenteil, dieser Krimi, der erste, den Celil Oker im Rahmen eines Wettbewerbs schrieb, schlug sofort ein. Er ist witzig, er ist schnell, er ist spannend - und er erzählt - und damit ist er nach Murat Daman der zweite seiner Art - von einem türkischen Privatdetektiv.
Privatdetektiv in Istanbul zu sein ist nämlich durchaus nicht alltäglich. Da sitzt der so bei der Polizei angemeldete durchaus schon mal tagelang in seinem Büro, erinnert sich am Flugsimulator vor dem Computer sitzend an alte Zeiten und wartet.
Wartet auf einen lukrativen Auftrag.
Naja, der kommt ja auch.
Alles ein bisserl verworren, aber immerhin, ein Auftrag.
Der Neu-Detektiv lässt sich nicht aus der Ruhe bringen und bringt durch scharfes Nachdenken auch in schwierigen Situationen richtungsweisende Ergebnisse. Er ist schlau und risikobereit und bereut keine seiner Entscheidungen.
Außer vielleicht sein ehedem zu starkes Interesse am Alkohol - immerhin hat das ihm seinen vorigen Job gekostet. Aber gelernt ist gelernt, zum einen trinkt er nun Mineralwasser und zum anderen hat er seine guten Eigenschaften als erfahrener Pilot durchaus mit rüber gerettet in sein neues Leben.
Wenn er hier auch den einen oder anderen Schlag auf den Kopf aushalten muss - das hat seiner Kombinationsgabe keinen Abbruch getan - und so löst er das Rätsel um Drogen und ungesehene Videos nicht jugendfreien Inhaltes an der erhabenen Istanbuler Universität und das Rätsel um einen Mord im schalldicht isolierten Aufnahmestudio und findet auch den plötzlich verschwundenen jungen Mann, zu dem alle Fäden führen.
Ein ordentlicher Kriminalroman, der einmal woanders spielt, als gewöhnlich, aber die gewohnten Krimiwege nicht verlässt.
Gut zu lesen mit Einblicken in die leckere Welt von Köfte und Baklava, aber auch in die dunkle Welt hinter der korrekten Oberfläche einer elitären Universität.

Iris Groschek

***

Wahrscheinlich sieht Remal Ülzal wirklich so aus, wie es das Titelbild der deutschen Ausgabe signalisiert: ein bisschen wie Robert Mitchum in irgendeinem Klassiker der Schwarzen Serie; ein Kerl mit einem kantigen Gesicht, kühlem Blick, die Krawatte auf halb acht und den Hut halb in der Stirn.
Und genau wie Robert Mitchum seine Arbeit als Schauspieler charakterisierte, so wandert Remal Ülzal durch seinen ersten Fall: "Lern dein Text, wirf keinen Schatten und fall nicht in die Kulisse."
Celil Oker zeichnet seinen Privatschnüffler Remil Ünal genau nach den amerikanischen Vorbildern, zu denen er sich auch ein dem kurzen, aber informativen Nachwort bekennt: ein bisschen Travis McGee, eine Prise Brett Halliday und einen Schuss Mike Hammer.
Der Fall ist ebenso klassisch gebaut wie die Figur: Es geht - wie sollte es anders sein - um einen Geschäftsmann, der seinen verschwundenen Neffen suchen lässt. Der Junge ist - wir ahnen es - in dunkle Drogengeschäfte an der Istanbuler Universität verstrickt.
Ferner spielen mit: eine ganz kleine Portion Porno und Sex, ein bisschen Gewalt und ein paar flatterhafte Dialoge. Serviert und garniert wird das ganze mit viel Istanbuler Ambiente.
Keine Frage, Remzi Ülal ist sympathisch, und er wird einem wahrscheinlich immer sympathischer werden, je öfter wir ihm bei seinen Schnüffeltouren am Bosporus folgen dürfen.
Im deutschen würden böse Rezensenten bei so einer Gemengelage sofort "Regionalkrimi" schreien und uns erklären, dass das Nachschreiben klassischer Vorbilder im neuem Ambiente das Genre keinesfalls weiterbringt.
Womit sie Recht haben.

Reinhard Jahn