Das Buch direkt bei Amazon bestellen Laurie R. King
Das Moor von Baskerville

Original: The Moor
rororo TB
ISBN 3-499-22416-X

Zwanzig Jahre nach seinem ersten Besuch reist Sherlock Holmes mit seiner Frau und Assistentin Mary Russell 1923 erneut zum Dartmoor.
Die Einheimischen wollen in der Moorfinsternis einen kalbsgroßen, einäugigen Hund gesehen haben.
Als die beiden dem Spuk nachgehen, stoßen sie in den Sümpfen nicht nur auf reinstes Gold, sondern auch auf eine Leiche - und es bleibt nicht bei einer ...

Rezension:
Dartmoor revisited oder Die Rückkehr des Hundes von Baskerville.
Holmes ist 20 Jahre älter, und das bekommt ihm gar nicht: Kaum noch eine Spur der intellektuellen Brillanz, die früher Watson immer wieder in verblüffte Entzückung versetzte, keine Spur mehr von dem dandyhaften Getue, mit dem er sich so meisterhaft in Szene setzen konnte. Oder sollte das alles nur an seiner neuen Chronistin liegen - Mrs Mary Holmes, die Wert darauf legt, weiter ihren Mädchennamen zu führen: Mary Russell.
Von Holmes telegrafisch nach Devonshire zitiert, findet sie sich an der Seite des Meisters sogleich in einer Neuauflage des Mysteriums vom monströsen Killerhund wieder, der das Moor unsicher macht.
Oder ist das Ganze nicht mehr als nur das abergläubische Geraune der Dorfbevölkerung? Reverend Baring-Gould, Gutsherr, Antiquar, Autodidakt, selbsternannter Experte auf einem halben Dutzend Gebieten und nebenbei noch Heimatkundler und Romancier (mit einem Wort: der typische britische Klischee-Exzentriker) hat die schlimmsten Befürchtungen und deshalb die Hilfe aus der Baker Street erbeten.
Was hat es also mit der Geisterkutsche der Lady Howard auf sich und gibt es wirklich, wie man munkelt, Gold im Dartmoor?
Fragen über Fragen, deren Antworten sich Russell und Holmes sich über lange Strecken in Dartmoor und um Dartmoor herum erwandern: der Krimi als Reiseführer durch die britische Provinz der goldenen Zwanziger, mit effektvollen Beschreibungen von Land und Leuten genussvollen Naturstudien und viel folkloristischem Kleinkram.
Jeder Stein, den Holmes umdreht, hat seinen historischen Hintergrund, hinter dem die Detektivgeschichte fast verschwindet: wo Conan Doyle in knappster, perfekt komponierter Ökonomie vom Kriminalfall mit seinen Beteiligten berichtet, staffiert Laurie R. King alles mit Bergen von erzählerischem Rosamunde-Pilcher-Plüsch aus. Da wird jede Tasse Tee erst umgerührt, ehe sie getrunken wird, bis am Ende selbst der böse Dartmoor-Hund nicht gruseliger wirkt als ein angestaubter Bettvorleger.

Reinhard Jahn