Das Buch direkt bei Amazon bestellen Åke Edwardson
In alle Ewigkeit

Original: Lat det aldrig ta slut
Claasen gebunden
ISBN 3-546-00247-4

Als Kriminalkommissar Erik Winter den Ort aufsucht, an dem kurz zuvor eine junge Frau vergewaltigt wurde, werden unangenehme Erinnerungen in ihm wach. Hier, an einer dunklen Stelle in einem öffentlichen Park von Göteborg war fünf Jahre zuvor ein junges Mädchen ermordet worden; ein Fall, der unaufgeklärt zu den Akten gelegt werden musste. Doch keiner im Kreis der Ermittler um Erik Winter hatte ihn je vergessen können. War der Mörder jetzt zurückgekehrt?
Das jüngste Opfer, Jeanette Bielke, konnte ihrem Vergewaltiger zwar entkommen, doch ihre Aussage hilft dem Kommissar kaum weiter. Zudem hat Winter das dumpfe Gefühl, dass Jeanette ihm nicht die ganze Wahrheit sagt ...
Energisch macht er sich an die Ermittlungen und rollt auf der Suche nach möglichen Spuren auch den alten Fall wieder auf. Doch nur wenige Tage später ereignet sich ein grausamer Mord. An der selben Stelle im Park wird eine junge Frau tot aufgefunden. Und als diese Tat kein Einzelfall bleibt, müssen Erik Winter und sein Team erkennen, dass sie es hier womöglich mit einem Serienmörder zu tun haben.

Rezension:
"ALTER SCHWEDE!!!"
Und wer nun meint, diese, oft strapazierte, aber immer noch äußerst wirksame verbale Anerkennung einer reifen Leistung könne sich ausschließlich auf des Deutschen liebstes "Krimi-Nordlicht", Henning Mankell, beziehen, der irrt gewaltig.
Denn speziell der Autor des vorliegenden Buches ist nicht erst seit seinem aktuellen Roman gewaltig im Kommen.
Dabei bietet auch er auf den ersten Blick durchaus "gewohnte" Krimikost:
Ein Kommissariat, in dem die verschiedensten Charaktere mehr oder minder bemüht der Aufgabe nachgehen, Verbrechen aufzuklären - in diesem Fall einer Reihe von Mädchenmorden.
Ihre persönlichen Befindlichkeiten spielen dabei ebenso eine Rolle wie die vielschichtigen familiären Umstände der Opfer.
So weit, so gut - oder schlecht, betrachtet man die Ansammlung von unschönen Ereignissen, die sich in den 351 Seiten verbergen. Da tritt schon auf den ersten Seiten der Tod ins Leben des Polizisten Halders und stellt ihn vor völlig neue Probleme und Herausforderungen. Und da sind Eltern, die neben der Trauer um ihre Töchter, die sterben mussten, noch ehe sie richtig erwachsen sein konnten, nun plötzlich die Erkenntnis zu bewältigen haben, dass sich ihre Kinder in Kreisen bewegten, die kein Vater und keine Mutter sich als Umgang wünschen würden.
Aber das ist nicht neu, das können andere Autoren auch, worin genau unterscheidet sich Herr Edwardson denn nun von den Kollegen?
Zunächst ist sein Held, Kommissar Erik Winter, mit seinen knapp vierzig Jahren deutlich jünger als Wallander, van Veeteren und Konsorten. Sein Glück beim Anblick von und dem Umgang mit seiner fünfzehn Monate alten Tochter bildet einen wohltuenden Gegenpol zu all den familiären Konflikten im Roman selbst und auch im Leben seiner (fiktiven) Berufskollegen. Dennoch kann passieren, dass dieser Winter in Rage gerät und dann ist da nichts mehr vom sanftmütigen, kultivierten Familienmenschen - und diese handfeste Hemdsärmeligkeit erhöht den Sympathiefaktor der Figur ebenfalls beträchtlich. Genau wie die Tatsache, dass er sich bei Bedarf auch nicht ganz legaler Mittel bedient, um in den Ermittlungen voran zu kommen.
In anderen Worten: Ohne schwere Depression (außer aufgrund der Tatsache, dass seine Zigarillo Leib- und Magenmarke schlagartig vom Markt verschwindet), jedoch aufgrund der von seiner Lebensgefährtin erlittenen Erlebnisse (die Gegenstand eines früheren Bandes bilden und im vorliegenden Roman nur angedeutet werden) durchaus gezeichnet, ist Winter eine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, der sich der Leser schnell verbunden fühlt.
Viel Unschönes tritt im Verlauf der Handlung zutage, jede Menge Schmutz und menschenverachtende Verhaltensweisen, durch die junge Seelen irreparabel zerstört werden, und von denen man sich als Leser vielfach wünscht, nie erfahren zu haben.
Schlichtweg erschütternd auch die Szene, in der die Ermittler die letzten Minuten eines der Opfers hautnah mitverfolgen können - mittels Aufzeichnung auf einem Anrufbeantworter. Gerade auch hier zeigt sich, wie gekonnt Edwardson das Grauen im Kopf des Lesers entstehen lässt - und zwar nicht durch detaillierte und explizite Schilderungen abstoßender Vorkommnisse, sondern eher durch die Auslassungen.
Aber da sind auch diese herrlich unkomplizierten Situationen, in denen beispielsweise Beamte ob der Hitze in Shorts zur Arbeit erscheinen, Großstadtmenschen abends auf den Klippen die letzten Sonnenstrahlen genießen oder umgeben von Freunden am Wasser nach dem Baden grillen.
Und da sind Nächte, die nicht komplett dunkel werden, ungeahnte Verflechtungen der handelnden Personen untereinander, unmittelbare Einbindung auf höchst privater Ebene der Ermittlungsbeamten in das Geschehen.
Action und Spannung kommen ebenso wenig zu kurz wie ein tiefer Blick in die Abgründe der menschlichen Seele. Und wenn sich am Ende die vielen Einzelschicksale in einer reichlich abenteuerlichen, aber durchaus logischen, Auflösung verknüpfen, dann dürfte für jeden Leser klar feststehen, dass dies gewiss nicht sein letzter "Edwardson" gewesen ist.

Miss Sophie