Ann Benson
Die brennende Gasse

Original: The Burning Road
(2. Band Alejandro Canches und Janie Crowe)
Blanvalet TB
ISBN 3-442-35525-7

Frankreich im 14. Jahrhundert:
Der jüdische Arzt Alejandro Canches wagt im Kampf gegen die Pest ein Sakrileg - er führt eine Autopsie durch.
Ab diesem Zeitpunkt befindet er sich mit seiner Adoptivtochter Kate auf der Flucht durch das von Kriegen, Hunger und Seuchen geplagte Land, gejagt von den Häschern der Inquisition. Sein einziger Besitz ist ein kostbares, in Leder gebundenes Buch mit medizinischen Aufzeichnungen.
Als Alejandro in Paris seinem alten Lehrer de Chauliac begegnet, scheint sein Schicksal besiegelt. Voller Rachedurst giert de Chauliac nach dem Wissen des großen jüdischen Heilers, und kein Preis ist ihm zu hoch, um in den Besitz des Folianten zu gelangen.
Siebenhundert Jahre später gerät die amerikanische Ärztin Janie Crowe wieder einmal in große Schwierigkeiten. Ohne offizielle Genehmigung forscht sie an einer scheinbar unerklärlichen Krankheit. Ihr einziges Hilfsmittel ist der uralte Foliant des jüdischen Arztes Alejandro Canches.
Bald wird Janie bedroht, denn wie es scheint, ist sie einer Verschwörung auf der Spur, die den Fortbestand der Menschheit bedrohen könnte...

Rezension:
Obwohl Ann Bensons zweiter Thriller eine Fortsetzung ihres Erstlings "Die siebte Plage mit den gleichen Hauptpersonen darstellt, ist die Kenntnis des ersten Bandes zum Verständnis des zweiten nicht unbedingt nötig, aber durchaus empfehlenswert, da dadurch die Eingewöhnung in eine ungewöhnliche Handlung, die auch noch in zwei verschiedenen Zeitebenen spielt, wegfällt und vermutlich einige kleinere offene Fragen gar nicht erst aufgetaucht wären.
Ann Benson erreicht durch ihre vielschichtige Handlung nicht nur die übliche Thrillerklientel, sondern auch Leser historischer Romane, die mit der Mittelalterebene um den jüdischen Arzt Alejandro Canches, seine Adoptivtochter und den französischen Rebellen Guillaume Karle durchaus auf ihre Kosten kommen dürften.
Außerdem bedient sie in gewissem Maße sogar Science-Fiction Fans, denn die zweite Ebene spielt nicht in heutiger Zeit sondern in einer nahen Zukunft, in der die Menschen nicht nur mit Umweltproblemen, sondern vor allem mit einem gefährlichen Virus namens Mr. Sam zu kämpfen haben, der bereits wenige Jahre zuvor etwa die Hälfte der Menschheit auslöschte und nun wieder zurückzukommen droht.
Für all diejenigen, die eine gewisse historische Ungenauigkeit durch Science-Fiction-Elemente wie z.B. ein Heilmittel gegen die Pest und einen eher unbekannterer bzw. unbedeutenderer Schauplatz (die Unabhängigkeitsbewegungen französischer Bauern gegen ihre (französischen) Herren während des Hundertjährigen Krieges zwischen England und Frankreich, der übrigens im Buch nicht ein einziges Mal erwähnt wird!, dürften nur den wenigsten Leser ein Begriff sein) nicht stört, bietet Ann Bensons Thriller ein wirkliches Lese-Highlight.
Selten wurde so spannend und unterhaltsam erzählt, ohne dass auch nur eine einzige Minute Langeweile aufkam.
Man möchte daher wirklich bedauern, dass die Autorin nach diesen zwei Bänden wieder in die Welt der Sachbücher zurückgekehrt ist.
Da bereits nach wenigen Seiten ein richtiger "Weiterlesezwang" auftritt, sollte man sich für "Die brennende Gasse" genug Zeit nehmen, um eine Lektüre ohne Unterbrechungen gewährleisten zu können ;-)).
Also Telefonstecker raus, Türklingel abschalten und rein ins Leseabenteuer!

Kathrin Hanik