Das Buch direkt bei Amazon bestellen Fredrik Ekelund
Nina und das Meer

Original: Nina och sundet
rororo TB
ISBN 3-499-23057-7

Im Malmö findet man die Leiche des Finanzberaters Ulander.
Bald darauf wird der zwielichtige Geschäftsmann Palmström umgebracht.
Und dann hört der Kriminalreporter Lindgren auf seinem Anrufbeantworter eine mysteriöse Botschaft. Eine ihm unbekannte Frauenstimme sagt: "Vier minus zwei sind zwei!".
Lindgren steht vor einer unlösbaren Aufgabe: Wie kann er zwei weitere Morde verhindern, da er doch keine Ahnung hat, wer die Opfer sind?

Rezension:
Das ist ein ganz anderer Schwedenhappen als ihn uns Henning Mankell mit seinen Wallander-Romanen serviert - und verblüfft stellt man fest, dass Ekelunds Schweden viel schwedischer ist als Mankell es uns immer weismacht.
Vielleicht, weil Ekelund sich auf Ystaad, Schonen und Malmö konzentriert und sich weitere Ausflüge verbietet, ganz sicher aber, weil sein plot sich mit der Entwicklung der schwedischen Gesellschaft in den vergangen Jahrzehnten befasst.
Da ist Peo Lindgren, guter und gutverdienender Zeitungskolumnist mit dem Spezialgebiet Kriminalität - einer, der nach den protestbewegten Sechzigern seinen Frieden mit den Zuständen gemacht hat.
Dass jetzt ausgerechnet zwei Zentralfiguren eines lang zurückliegenden Umweltskandals umgebracht werden, erzeugt bei ihm und seinem Kommissars-Freund Hjalle nur noch eine ambivalent-gedämpfte klammheimliche Genugtuung später Gerechtigkeit.
Ulander und Palmström waren als hardcore-Kapitalisten par excellence im Aufsichtsrat eines Kalkwerkes maßgeblich an der Vertuschung eines Umweltskandales beteiligt.
Arbeiter, die gefährlichen Stoffen ausgesetzt waren, wurden um ihre Entschädigungen gebracht, und im Lauf ihrer Recherchen begreifen Peo und Hjalle, dass man durchaus auch mit der Gründung eines Unternehmens mehrfachen Mord begehen kann.
Aber auch ein konkreter alter Mordfall im Kalkwerk drängt sich bei den Recherchen immer mehr in den Vordergrund.
Die mysteriöse Nina scheint dabei eine zentrale Rolle zu spielen: die harte linke Politbraut, die den eher rechtsgestrickten Motorradfreak Ronnie so betört, dass er sich schon bald mit ihr eine Bank ausnimmt, auch nicht zurückschreckt, als Nina ihm ihre weiteren Pläne präsentiert.
Die mit vielleicht ein wenig zu durchsichtigen literarischen Taschenspielertricks eingewobenen Protokolle dieser amour fou streift ein Hauch von Godards "Außer Atem", während die lange in den Hintergrund geschobenen Ermittlungen von Peo und Hjalle sich als Studien einer saturierten, routinierten Gesellschaft versuchen, die sich mit ein wenig schlechtem Gewissen vom Modell des Wohlfahrtsstaates verabschiedet hat.
Was am Ende bleibt, wenn sich beide Welten bei der Auflösung der verwickelten Kriminalgeschichte treffen, ist bei Peo und Hjalle überwiegend düstere Resignation - und nur noch ein Hauch von Utopie.

Reinhard Jahn