Ralph Gerstenberg
Hart am Rand
(3. Band Henry Palmer)
Am Rand der Berliner Mitte ist alles im Umbruch - die Schickimickiszene bestimmt immer stärker das Nachtleben, die Konkurrenz unter den Clubs wird größer und das Klima härter. Zudem müssen die Wirte den Besuch der "Tresengangster" fürchten, die sie um Barschaft erleichtern und das Mobiliar zertrümmern.
Rezension:
Reinhard Jahn
grafit TB
ISBN 3-8942-5264-2
Von all dem bekommt Henry Palmer kaum etwas mit, sein Leben verläuft beruflich und privat in ruhigen Bahnen: er hat einen lukrativen Job als location scout und trauert immer noch seiner großen Liebe nach, die vor einigen Monaten tödlich verunglückt ist.
Dann kommt der Tag, an dem Theo aus dem Gefängnis entlassen wird.
Theo Trepka, Henry Palmer und Hannah Lachmund bildeten in ihrer Jugend ein unzertrennliches Freundestrio - bis Theo wegen der Herstellung von Glückspillen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde.
Am Ende der Wiedersehensfeier an der auch Theos Vater teilnimmt, hat nicht nur Henry eine Menge Probleme: Der Vater des Kindes, das Hannah erwartet, hat Theo seinerzeit verraten und in den Knast gebracht, was Hannah und Theo aber jeweils nicht wissen. Henry verliebt sich in eine Prostituierte und Theos Vater verschwindet über Nacht.
Der Versuch, die Dinge zu ordnen und Theos Vater wieder zu finden, gestaltet sich schwierig - Henry trifft auf einen durchgeknallten Waffenhändler und gerät zwischen die Fronten von Kneipenwirten und Tresengangstern.
Ehe sich Henry Palmer entschloss, Krimi-Held zu werden, hat er wahrscheinlich zwanzig Jahre in einem alten Kino gelebt, in dem nonstop Robert de Niro- und Martin Scorcese-Filme gelaufen sind: Geschichten von Kerlen, die sich irgendwie durchschlängeln und -boxen, Geschichten von Typen, die in Bars herumhängen und Geschichten erzählen von Typen, mit denen sie mal in anderen Bars herumgehangen haben. Und natürlich Geschichten von Frauen, die ganz toll sind - egal ob sie als Hure arbeiten oder als Unternehmerin, als Bardame oder als nettes Mädel von nebenan.
Dumm nur, dass Henry Palmer auf einmal in Berlin steht, als er aus seinem Kino kommt - denn Berlin ist (sorry, Berliner!) nun wirklich nicht New York. Also ist bei Henry alles eine Nummer kleiner: Gangster, die die Club- und Kneipenszene aufmischen im Kampf um Marktanteile, hunderterlei Verflechtungen und Verbandelungen der Szene grundieren Aktion und Gegenaktion, alte Rechnungen und neue Verpflichtungen.
Da spielt ein bisschen Elmore Leonard in die Story hinein, aber nicht wirklich, weil die Figuren sich damit begnügen, Charge zu bleiben, und das auch noch im falschen Film.