Das Buch direkt bei Amazon bestellen John Milne
Nicht tot zu kriegen

(Original: Alive & Kicking)
4. Band Jimmy Jenner
Rotbuch TB
ISBN 3-434-54021-0

Der Londoner Privatdetektiv Jim Jenner hat nur anderthalb Beine, und sonst läuft auch nicht alles rund. Zur Zeit hält er sich mit Ehebruch und Scheidung über Wasser. Wenn ihn der Frust packt, sucht er Trost in den Armen einer rothaarigen Französin oder widmet sich den Whiskey-Vorräten im Club Étoile.
In einer Nebelnacht wird Jenner vor seinem Lieblingslokal Zeuge eines Mordanschlags auf einen Milchmann, dessen Wagen seinem eigenen weißen Ford Granada verdammt ähnlich sieht.
Und dann liegen eines Morgens die observierten Seitenspringer tot in ihrem Auto, mit einer Million Pfund in Krügerrand im Kofferraum...
Alles kein Grund, sich an die alten Geschichten zu erinnern, in denen die Tommy Slaughter Gang und Jenners großer Bruder Joe eine große Rolle spielten - Slaughter, der 1968 in seinen roten Jaguar blutig zu Tode kam und Joe, der sechs Wochen später bei Erdarbeiten an Gasleitungen unter dem Asphalt begraben wurde.
Doch dann wird Mickey DeWitt erschossen und plötzlich sind die alten, ungerufenen Geister wieder zur Stelle.
Nach zehn Jahren ist Jim Jenner wieder zurück - so hartgesotten und verletzlich, wie es nur ein Londoner PI aus Bermondsey sein kann. John Milne hat einen raffiniert erzählten Krimi geschrieben, eine Hommage an die Ecken des London, in die sich niemals ein Tourist verirrt. Er zeigt, dass weder Sanierung noch Stahlbeton verhindern können, dass die Vergangenheit aus den Poren der Stadt kriecht.

Rezension:
Vergangenheitsbewältigung gehört definitiv nicht zu einer von Jim Jenners Stärken, seines Zeichens Privatdetektiv.
Ganz im Gegenteil, Jenner scheint nicht nur die Sechziger, als er ein Teenager war, und den Tod seines Bruders niemals vergessen zu haben, nein, er lebt auch noch geistig dort.
So ist es wohl kaum verwunderlich, dass sich in seinem vierten Fall alles um einen Mord dreht, der eindeutig mit dieser unbewältigten Vergangenheit zu tun hat.
Eigentlich waren die Sechziger, besonders das Jahr 68 eine spannende Zeit, und man sollte doch erwarten können, dass sich etwas von dieser Spannung auch in Milnes Kriminalroman wiederfindet.
Aber nichts dergleichen.
Über weite Strecken muss man sich beim Lesen förmlich durch die Seiten quälen, nicht einmal die durchaus zahlreichen Morde konnten etwas daran ändern.
Dazu kommt noch, dass es Milne nicht gelingt, seinen Protagonisten dem Leser sympathisch oder doch zumindest interessant zu machen. Jenners Sorgen und Interessen dürften den meisten Lesern völlig egal sein und der eine oder die andere wird dem Londoner Privatdetektiv sein Ende vielleicht sogar gegönnt haben.
Dieses Ende ist eigentlich der einzige Grund, der einen durchgehend mittelmäßigen bis schlechten Krimi etwas aus der Masse heraushebt, bricht er doch die gängigen Regeln auf wirklich drastische Weise.
Ein recht schwerfälliger Krimi, der vermutlich nur eingefleischten Hard-Boiled-Fans mehr als ein müdes Gähnen entlocken dürfte.

Daisy

 

Gastrezension(en):


Name: BenSchreck
Email: joc-cor@gmx.de
Datum: 8.8.2012 (1:29)

John Milne Nicht tot zu kriegen Ja, was haben wir denn da? Hmm Hmm. Weiß ich nicht; mag ich das oder nicht? Zur Sache: Ein einbeiniger Privatermittler mit besserer Vergangenheit hält sich mit den üblichen Ermittlungen mehr schlecht als recht über Wasser und profitiert dabei von seinen „alten Beziehungen“, die ihm den einen oder anderen Job zuschustern. Alles noch aus der alten Zeit aus dem alten Viertel – immerhin beschreibt der Autor recht nett sozialkritisch den Zahn der Zeit – heute genannt „Gentrification“ oder so. Das ist schon mal ein Plus. Der Romanheld wird uns näher gebracht: ein zynischer Romantiker mit scharfem Blick? So sähe er sich gerne selber, ist er aber nicht. Will er nun „hard-boiled“ sein? Der Stil legt es nahe, der Inhalt bricht gerne mit dem Motiv. Kurze Sätze und Dialoge werden immer wieder durch langatmige Beschreibungen gebrochen. Was mich nervt, ist die „Wiederholung des Immergleichen“ – Fluch des Schreibens auf Computern. An wenigstens 15 Stellen werden quasi seitenlange Szenen wiederholt – nur minimal abgeändert – mit der Hand oder Schreibmaschine hätte sich der Autor das gegeben. Aber es soll den Leser zu genauerem Hinschauen verleiten – wer noch nicht zugeklappt hat, lässt sich evtl. verführen. Ich werde noch mal nachlesen. Die Story: Eigentlich ein banaler Job (welche Überraschung!) entpuppt sich als Reise in die unbewältigte Vergangenheit und Familiengeschichte – blabla, ist das noch interessant? Naja, man liest irgendwie weiter. Zumal ein Weglegen jetzt nicht mehr in Frage kommt. Aha, hat´s mich also doch gepackt. Der Roman ist aufgebaut als ein Vielfaches, verschachteltes „Noch-Mal-Drüber-Sehen“, wie es vielleicht eine Miss Marple beherrschte. Und alles ist plötzlich ganz anders, als man dachte. Auf jeden Fall ärgerlich sind die immer wieder plötzlich erscheinenden Superhelden – hätte die Figur über solche Typen zu Beginn verfügt, wäre er nicht in diese Situationen geraten. Hätte er seinen plötzlich brillanten Geist am Anfang gehabt, wäre die Geschichte in 30 Seiten erzählt. Aber wir wollen ja unterhalten werden. Genau, das isses, was nervt: der unlogische Aufbau der Story und des Hauptcharakters. Das Schlimmste an der ganzen Geschichte ist leider der Schluß: nach schweren 260 Seiten kommt es zu einem Finale (20 Seiten – 31. und 32. Kapitel), das besser unterblieben wäre. Nungut: mit dem Schluß ist es einfach Schrott. Anlage und Aufbau hätten das Zeug zu einem Klassiker gehabt.