Das Buch direkt bei Amazon bestellen Manda Scott
Im schwarzen Schatten der Nacht

Original: Night Mares
Bastei Lübbe TB
ISBN 3-404-14719-7

Nach einem missglückten Selbstmordversuch mit einem unheilvollen Medikamenten-Cocktail leidet die Tierchirurgin Dr. Nina Crawford unter grauenvollen Alpträumen.
Nur durch eine jahrelange Behandlung bei der Therapeutin Kellen Steward gelingt es ihr, diese Halluzinationen unter Kontrolle zu bringen und ihre berufliche Karriere fortzusetzen.
Doch dann sterben in der Tierklinik alle Pferde, die von Dr. Crawford operiert wurden, an einer mysteriösen Infektion. Nina Crawfords schlimmste Albträume scheinen Realität zu werden.
Als auch Kellen Steward ein Pferd zu verlieren droht, das jedoch von Dr. Crawford in einer Notoperation gerettet werden kann, ist sie längst in den Sog dieses Albtraums geraten.
Ein atemberaubender Wettlauf mit der Zeit entlang der Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit, Schlafen und Wachen, Vertrauen und Misstrauen beginnt.

Rezension:
Vielleicht braucht es mehrere Anläufe, doch dann ist es durchaus zu schaffen, diesen Krimi von Manda Scott "durchzuarbeiten".
Während eines Prologs, der den Leser mehr verwirrt als in das weitere Geschehen einführt, geht der Spaß an diesem Buch leider bald verloren.
Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt:
Die durchaus sympathische Hauptfigur Kellen Steward und ihre Patientin stehen in gegenseitigem Abhängigkeitsverhältnis - getragen durch ihre Berufe und später auch durch eine Liebesbeziehung.
Dadurch, dass die Geschichte auf den medizinischen Berufen beider Charaktere basiert und Manda Scott diese sehr genau und detailliert beschreibt, ist das Buch sehr langatmig. Darüber hinaus ist es zum Teil auch nicht einfach, die jeweiligen Fachbegriffe der beiden Protagonistinnen umzusetzen, was es erheblich erschwert, die Geschichte flüssig zu lesen.
"HAT ist erhöht, Plasmaprotein ebenfalls, Harnstoff ist erhöht. Leukozyten viel zu niedrig", erklärte sie knapp. "Mächtige Linksverschiebung ... Sie hat eine Sepsis und ist dehydriert. Sie hat keinen Darmverschluss. ... Wir können das Ergebnis der endotoxämischen Analyse morgen abwarten" "Scheiße - Ich sah auf den Laborbericht. Drei Angaben waren rot eingekreist: Pentobarbiturat: 0,15 mg/ml. Opiate: 0,00 mg/ml. Ketamin: 0,98µg/ml." "Wieviel ist 0,98µg in richtigem Geld? Meine Vorlesungen in Pharmakologie liegen schon lange zurück."
Tja, Manda Scott, welcher Leser hat schon welche besucht?!!!
Ein weiteres Defizit des Romans besteht darin, dass vorausgesetzt wird, dass der Leser die Person Kellen Steward bereits kennt, ihre Gewohnheiten, ihre vorherigen Beziehungen zu Personen.
Dem Quereinsteiger fehlt dadurch das Gespür für die Nuancen untereinander und die Charaktere bleiben farb- bzw. bedeutungslos.
Dass es sich bei dem Roman um einen Krimi und nicht um eine medizinische Abhandlung über E. Coli und Wahrnehmungsveränderungen durch Ketamin und Pentobarbiturat handelt, wird leider erst auf den letzten 50 Seiten deutlich.
Empfohlen werden kann dieses Buch daher bedenkenlos nur für medizinisch interessierte Personen.

Lula

***

Wer sich - und das in England - an einem Pferdekrimi versucht, der muss sich an Dick Francis messen lassen, dem Gottvater der Reiter- und Turfgeschichten.
Und da schneidet Manda Scott nicht schlecht ab: Was sie über Pferde und Ponies zu erzählen hat, über Veterinärmedizin und Artverwandtes, ist so beendruckend sachkundig, dass man ihr unbesehen den eigenen Gaul zur Behandlung (oder zur Obduktion, je nachdem) überlassen würde.
Dementsprechend versiert ausgetüftelt sind dann auch die mysteriösen Vorkommnisse in der Hochschule für Veterinärmedizin in Glasgow, wo die hochbegabte und - engagierte Tiermedizinerin Nina Crawford arbeitet. Als ihr und ihren Kollegen plötzlich die eingelieferten Pferde unter den Händen wegsterben, gerät Ninas ohnehin ziemlich wackelige Psyche ziemlich durcheinander und damit auch ihre Therapeutin Kellen Stewart in einen mysteriösen Kriminalfall, in dem dunkle Kräfte mit so ziemlich allem zu morden versuchen, was die Instituts-Apotheke hergibt.
Und parallel zur Suche nach der Ursache der mysteriösen Todesfälle in der Pferdeklinik entwickelt sich ein Beziehungsdrama zwischen Kellen und Nina, in dem Ninas ehrgeizige Kollegin Steff und ihr Fast-Ehemann Matt ihre bis zum Schluss schwer durchschaubaren Rollen spielen.
Wobei Manda Scotts extremer Realismus, der bei der Schilderung des Klinikalltages noch angenehm präzise wirkt, bei der Beschäftigung mit den Gefühlsverwirrungen ihrer beiden Hauptfiguren hart an die Grenze zur grüblerischen Selbsterfahrungsprosa längst vergangener Frauenkrimi-Zeiten gerät: Portraits von Frauen unter Schlafentzug, sehr emotional und - Gottseidank - sehr dicht erzählt.
Sozusagen die perfekten Gegenentwürfe zu den Machos der Dick-Francis-Romane, die so leicht nichts aus dem Sattel wirft.

Reinhard Jahn