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Herzensgut

(2. Band Barbara Pross)
Fischer TB
ISBN 3-596-15674-2

Die Profilerin Barbara Pross hat der Polizei den Rücken gekehrt und ihren Psychologie-Doktortitel in der Tasche. Durch den angeblichen Selbstmord von Christina Wehling wird sie jedoch wieder mit ihrer früheren Tätigkeit konfrontiert.
Für die Ermittler ist die Tote keine Unbekannte, seit vor einigen Jahren ihre kleine Schwester Jenny spurlos verschwand. In der Psychiatrie sitzt ein Täter, der den Mord an Jenny und Morde an anderen Kindern gestanden hat.
Doch nun stellt sich heraus, dass Jenny lebt und Christina sie gefunden hatte. In Barbara reift der Verdacht, dass der harmlos-schwachsinnige Mann vielleicht keinen der Morde begangen hat.
Gibt es am Niederrhein einen Serienmörder, der seit über dreißig Jahren immer wieder unbehelligt Kinder tötet? Je tiefer Barbara gräbt, desto ungeheuerlichere Fakten fördert sie zutage.
Und die Uhr tickt, denn wieder ist ein Kind verschwunden ...

Rezension:
Drei Jahre hat es gedauert, vom fürs Fernsehen verfilmten Erstling der Autorin "Messerscharf" bis zu diesem Nachfolgeroman.
Eine lange Zeit in einem Geschäft, in dem so mancher Erfolgsautor seinen Fans jährlich neues "Futter" liefert.
Aber das Warten hat sich gelohnt.
Denn wie im richtigen Leben hat die Heldin, die den Lesern schon im ersten Band zur Identifikationsfigur geworden ist, mit der man leiden, bangen, sich aber auch freuen konnte, eine Wandlung durchgemacht, ist reifer geworden.
Ihre innere Zerrissenheit, die Spannung und Zweifel, die sie im ersten Roman bewegt haben, sind dadurch zwar nicht komplett verschwunden - wie könnten sie auch? Doch ist Barbara Pross, die Vierzigjährige ohne Kinderwunsch und mit nachhaltigen Bindungsängsten und -problemen, in der sich so manche Leserin durchaus wiedererkennen kann, nun auch durchaus in der Lage, relativ unbeirrbar ihren Weg zu gehen, ohne sich äußeren Zwängen zu beugen.
Das muss sie auch, denn zunächst teilt (fast) niemand von offizieller Seite ihren Verdacht, der Fall, in den sie durch Zufall hineingeschliddert ist, könne in einem viel größeren und ganz anderen Zusammenhang entscheidende Bedeutung haben. Denn die ersten Recherchen über das Verschwinden der kleinen Jenny bringen plötzlich Puzzleteile ans Licht, die für die Serienmordspezialistin Pross nur den Rückschluss auf ein einziges Bild gestatten: Immer und immer wieder wurden in derselben Gegend kleine Mädchen vermisst, die man nie wieder aufgefunden hat; weder tot noch lebendig.
Gerade die Tatsache, dass die Polizei, der sie ja nun schon lange nicht mehr angehört und die auch nicht wirklich gut auf sie zu sprechen ist, sich zunächst weigert, in diese Richtung zu ermitteln, führt dazu, dass die Protagonistin sich festbeißt und mehr oder minder im Alleingang weitermacht.
So ganz ohne behördliche Hilfe ist dies natürlich nicht möglich und da die Autorin ihren Roman mit realistischem Blick auf deutsche Verhältnisse zu Papier gebracht hat, lässt sie ihrer Heldin durch einen geschickten Schachzug die nötigen Insider-Infos zukommen. Sie stellt ihr zwei Nebenfiguren zur Seite, die beide der Polizei angehören - der eine aktiv, der andere im Ruhestand - und beide in die in Frage kommenden Fälle involviert sind bzw. waren.
Darüber hinaus bringen diese Charaktere noch eine romantische (der Anziehungskraft des attraktiven Kriminalhauptkommissars Sven Heyer kann sich Barbara natürlich kaum entziehen, zumal sie sich in einer Beziehungskrise mit ihrem Freund Thomas befindet) und eine humoristische (Pensionär Heinrich Leiß zögert nicht, die anderen Bewohner seiner Altenanlage zuweilen in die Ermittlungen einzubeziehen) Komponente in den Roman.
Das wiederum mildert den bitteren Geschmack der schrecklichen Erkenntnisse, die sich im Lauf der Zeit den handelnden Personen und dem Leser aufdrängen, ein klein wenig ab - sofern dies bei Themen wie Kindesmissbrauch und Kinderpornographie überhaupt möglich ist.
Wie aktuell diese Problematik gerade in den letzten Monaten und Jahren wieder geworden ist, das hätte sich wohl auch Silvia Kaffke nicht träumen lassen.
Alles in allem hat die Duisburgerin hier wieder einen ausgesprochen spannenden Roman vorgelegt, den sie außerdem mit einem recht originellen Einfall garniert: In einer nicht unbedeutsamen Szene bringt sie ihre Protagonistin mit der von Bestseller-Autor Horst Eckert erfundenen Kommissarin Ela Bach zusammen.
Und wer weiß, vielleicht ist das ja der Vorbote einer Co-Produktion Kaffke/Eckert - interessant wäre dies allemal!

Miss Sophie