Frank Goyke
Balthazar Vrocklage ist verschwunden
Hanse gebunden
Rostock im Jahr 1431.
Rezension:
Leia
ISBN 3-434-52800-8
Die Welt ist aus den Fugen: Die wendischen Hauptstädte befehden den dänischen König, England und Frankreich liegen im Krieg, die Hussiten haben den Kaiser und den Papst zu einem Kreuzzug herausgefordert.
Auch in den Hansestädten gärt es: Die Handwerker haben den Aufstand gegen das Patriziat gewagt.
Auch in der Familie des Rostocker Kaufmannes Vrocklage herrscht Aufbruchstimmung. Der jüngste Sohn, Johannes, wird nach Brügge geschickt und seinen Vater Balthazar erwarten die Vertreter des Städtebundes zum Hansetag in Lübeck.
Nur wenige wissen, dass er dort ein Verbrechen aufdecken will, in das Kaufleute und Ratsherren verwickelt sind. Der Weg nach Lübeck führt über das Kloster Doberan und Wismar.
Dann verschwindet Vrocklage spurlos. Sein Sohn Johannes entgeht in Lübeck knapp einem Mordanschlag; er erreicht er zwar die Welthandelsmetropole Brügge, aber auch seine Mörder reisen mit...
Wer einen großartigen Krimi erwartet, der auf Ermittlungsarbeit, atemloser Spannung und verwirrenden Geheimnissen basiert, ist bei diesem Buch eher falsch beraten.
Wer jedoch einen historischen Roman zu schätzen weiß, der hervorragend recherchiert, unterhaltsam geschrieben und fesselnd ist und ganz nebenbei noch einen, bzw. zwei Morde in die Handlung einfügt, der kann gut zu diesem außergewöhnlichen Buch greifen.
Anders als bei den meisten Krimis steht hier nicht unbedingt das Verbrechen an sich im Vordergrund, sondern es werden eher die Umstände beleuchtet, wie es zu den Verbrechen gekommen ist.
Unter sehr bildhaften Beschreibungen des Handelswesens und der Lebensumstände im 15. Jahrhundert in Norddeutschland wird die Vorgeschichte zum Verschwinden des Balthazar Vrocklage beschrieben.
Anschaulich wird dem Leser vor Augen geführt, was Ermittlungsarbeit in Zeiten vor der Etablierung des Postwesens, vor der Nutzung der Telekommunikation und der Mobilität der heutigen Zeit bedeutete und wie schwierig in diesen Zeiten die Beweisführung und Beweissicherung bei Straftaten gewesen sein muss.
Ganz abgesehen von den fehlenden Kenntnissen der Ermittlungstechnik der heutigen Zeit, zogen sich Nachforschungen schon alleine auf Grund der Entfernungen zwischen den einzelnen Tat- und Ereignisorten (Rostock, Lübeck, Wismar und Brügge) über Monate hinweg und machten die Beweisführung und suche bestimmt nicht gerade leichter. Umso erstaunlicher, dass schon damals solche Mordfälle doch aufgeklärt werden konnten, was gewiss unter ähnlich den in diesem Buch beschriebenen Umständen auch erreicht wurde.
Liebhaber historischer Krimis mit einem Faible für großartige Beschreibungen der Lebensweisen in der Vergangenheit kommen hier sicher auf ihre Kosten.