Das Buch direkt bei Amazon bestellen Jürgen Kehrer
Wilsberg und der tote Professor

(14. Band)
grafit TB
ISBN 3-89425-272-3

Erst mit Verzögerung registriert der Münsteraner Privatdetektiv Georg Wilsberg, dass er den letzten Augenblick im Leben des Professors Günter Kaiser fotografisch festgehalten hat.
Eine Kugel beendet jäh den Versuch des Sprachwissenschaftlers, sich einer Studentin unsittlich zu nähern - und aus dem schlichten Überwachungsauftrag, den die Professorengattin dem Detektiv erteilt hat, ist ein Mordfall geworden.
Da seine zur Witwe gewordene Auftraggeberin von der Polizei verdächtigt wird und sie ihm ausgesprochen sympathisch ist, beginnt Wilsberg zu ermitteln - und stößt auf den Fluren der altehrwürdigen Westfälischen Wilhelms-Universität auf ein Geflecht von Intrigen und fragwürdigen Beziehungen.
Gründe, den verhaßten Sprachforscher ins Jenseits zu befördern, hatten viele: vom verstoßenen Sohn des Professors über die ausgenutzte Assistentin und deren eifersüchtigen Ehemann bis hin zu dem in inniger Feindschaft mit dem Opfer verbundenen Professorenkollegen.
Oder hat der Mord etwas mit Kaisers Forschungsgebiet, den Geheimsprachen zu tun?

Rezension:
Als der Roman kurz nach Erscheinen zu einer Provinzposse führte, bei der ein Münsteraner Professor sich in dem Buch erkennbar portraitiert und demzufolge beleidigt sah, schien es für einen Moment, als sei "Wilsberg und der Professor" ein Schlüsselroman, ein beinharter aufklärerischer Regionalkrimi vom Schlage eines "Ekel von Datteln", mit dem Kehrers Verlag in den 80ern seinen Ruf als kleine, wendige Krimischmiede begründete.
Aber dann platzte die ganze Seifenblase schon beim ersten Gerichtstermin des echten Professors gegen den Krimi-Professor: Udo Kaiser aus dem Buch ist eben nicht das Protrait eines existierenden Menschen, sondern eine literarische Fiktion. Ende und aus.
Denn immerhin ist Wilsberg nicht nur Romanheld, sondern auch Serienheld beim ZDF, das das Stück vom "toten Professor" wahrscheinscheinlich schon bald für die Mattscheibe umsetzen wird: Mit Wilsberg als bewährtem sentimentalen Schnüffler, dem die Aufträge viel zu oft aus der Hand gleiten, weil er sich entweder persönlich zu sehr engagiert oder einfach nur etwas übersieht.
Diesmal ist es der Klassiker aller Detektivgeschichten, der Wilsberg widerfährt: er fühlt sich zur Witwe des Opfers hingezogen, spielt nur zu gern den starken Ritter und fragt sich kein bisschen, warum die Dame ihm so schöne Augen macht. Wäre Wilsberg einer der hardboiled-Heroes, würde sich die kesse Witwe am Ende als böses Biest entpuppen und durch eine Kugel aus der 38er unseres Helden ihr verdientes Ende finden.
Aber "Wilsberg und der tote Professor" ist eben kein hardboiled-Krimi nach US-Muster - kann es gar nicht sein, weil er ja für das ZDF verfilmt werden soll. Außerdem müsste ein hardboiled Krimi in Los Angeles oder New York spielen, und dieser hier spielt in Münster, Westfalen. Ein kleiner, aber letzlich doch spürbarer Unterschied.

Reinhard Jahn