Das Buch direkt bei Amazon bestellen Phoebe Atwood Taylor
Todernst

Original: Deadearnest
(7. Band Leonidas Witherall)
Dumont TB
ISBN 3-8321-6703-x

Wenn Leonidas Witherall unerwartet eine neue bestellte Tiefkühltruhe geliefert bekommt, ist es kein Wunder, dass dies das Vorspiel zu einer verwirrenden Entdeckung ist.

"Er hob den schweren langen Deckel. Und ließ ihn gleich wieder fallen. Er holte tief Luft, hielt seinen Zwicker in die Höhe und hauchte ihn an. Dann nahm er ein sauberes Taschentuch und wischte ihn blank, ausgiebig und mit zitternden Fingern. Am Ende setzte er sich den Zwicker sorgfältig auf die Nase und öffnete den Deckel ein zweites Mal.
Seine Augen hatten ihn nicht getäuscht.
Die Hammelkeule war und blieb da. Die tiefgefrorenen Schellfischfilets lagen, wo er sie gesehen hatte. Leonidas schüttelte den Kopf. Nein, er hatte sich nicht getäuscht. Auch der Tote lag da wie zuvor.
Und noch immer hatte er den roten Fleck links auf der Brust seiner grauen Flanelljacke."

Rezension:
Schon der amerikanische Originaltitel "Dead Ernest" ist Programm.
Denn das, was Leonidas Witherall in seiner Tiefkühltruhe findet ist sowohl ein toter Ernest als auch ein todernstes Problem.
Ein Wortspiel, das leider auf Deutsch kaum zu übersetzen ist und das schon Oscar Wilde zu einer seiner gelungensten Komödien mit dem Titel "The Importance of Being Ernest" inspiriert hat.
Literarisch geht es auch diesmal weiter, denn wie Kenner der Serie ja bereits seit langem wissen, ist Leonidas Witherall Murgatroyd Jones, der Erfinder der populärsten Rundfunk- und Heftchenserie um den Superhelden Lieutenant Haseltine, der ähnlich wie Superman auszieht, um die Welt vor Schurken zu retten und seine geliebte Lady Alicia zu schützen oder zu befreien.
Während Leonidas also schon in der Realität auf glühenden Kohlen sitzt, um endlich das längst überfällige neue Haseltine Abenteuer zu beenden, entwickelt sich gleichzeitig mit dem Auffinden der Leiche, tausenden Verwicklungen und Mitstreitern, die sich für Lady Alicia oder Haseltines Faktotum treuer Thomas halten, für Leonidas der Eindruck, dass Haseltines Abenteuer nicht länger Fiktion sondern Wirklichkeit geworden sind und er sich mitten darin befindet.
Bei soviel Literatur im Buch ist es natürlich nur passend, dass Leonidas am Ende beschließt, den neuen Haseltine-Fall "Dead Ernest" zu nennen und seine Erlebnisse literarisch zu verarbeiten, wodurch sich sein ursprünglicher Eindruck nun tatsächlich bewahrheiten würde.
Wer komplexe Plots, heillose Verwirrungen, Spannung am laufenden Band und skurrile Protagonisten liebt, der ist mit einem Roman von Phoebe Atwood Taylor bestens bedient und dürfte alsbald zu den begeisterten Fans der Amerikanerin zählen, die eine Meisterin der leichten Unterhaltung auf hohem Niveau ist.

Kathrin Hanik