Das Buch direkt bei Amazon bestellen Lee Martin
Keine Milch für Cameron

Original: Deficit Ending
(6. Band Deb Ralston)
DuMont TB
ISBN: 3-7701-4846-0

"Wie bei einer Hinrichtung?" fragte ich. Heutzutage machen das schon Amateure. Das haben sie im Kino gelernt.
"Sieht so aus. Wie schnell können Sie dort sein?"
"In einer Stunde?"
"Eine Stunde?"
"Eine Stunde", sagte ich bestimmt. Ich würde etwa fünfundzwanzig Minuten brauchen, um mich anzuziehen und mitten in der Nacht zum Trinity Park zu fahren. Und eine halbe Stunde würde es noch dauern Cameron fertigzustillen.
"Okay", sagte Darla. "Ich sag Millner Bescheid."
Es dauerte genau sieben Minuten, bis das Telefon wieder klingelte. Captain Millners Stimme klang erbost. "Was soll das heißen, Sie können erst in einer Stunde hier sein?"
"Ich stille das Baby", sagte ich.
"Dann soll Harry das machen."
"Harry", sagte ich mit soviel Würde, wie ich aufbringen konnte, "ist dafür nicht ausgerüstet."

Rezension:
In ihren sechsten Fall schlittert Detective Deb Ralston, zur Zeit noch in Mutterschaftsurlaub, praktisch nur durch Zufall. Sie befindet sich gerade in einer Bank um Geld abzuheben, als diese überfallen wird. Da in den USA der Grundsatz gilt, der erste Beamte am Tatort übernimmt die Ermittlungen, hat Deb also einen neuen Fall und muss sich aber gleichzeitig noch um ihr noch nicht abgestilltes Baby kümmern.
Konfliktpotential ist also reichlich vorhanden. Dazu kommt noch, dass Deb sich persönlich verantwortlich fühlt für die schnelle Überführung der Täter, denn den Blick der jungen Kassiererin, die von den Bankräubern als Geisel genommen und später ermordet wurde, wird sie niemals vergessen.
Doch als die Täter erneut zuschlagen, findet Deb endlich eine heiße Spur...
Man merkt deutlich, dass sich Lee Martin, die eigentlich Anne Wingate heißt, in ihrem Metier auskennt, sprich selbst als Detective gearbeitet hat. Die Szenen im Polizeirevier oder das Verhalten der Beamten an Tatorten wirkt realistisch und in sich stimmig.
So erhält der geneigte Leser nicht nur interessante Einblicke in eine amerikanische Großstadtpolizei, sondern auch in das normale amerikanische Familienleben, dass sich doch (und manchmal erheblich) von deutschen Gewohnheiten unterscheidet.
So nimmt die Kirche in Amerika immer noch einen viel höheren Stellenwert ein, Debs Sohn Hal geht z.B. seit mehreren Jahren in eine Mormonengemeinde und besucht dort freiwillig jeden Morgen (vor dem Unterricht!) ein Seminar, in dem die Jugendlichen in der Bibel oder in der Kirchengeschichte unterrichtet werden, und das, obwohl seine Eltern dieser Kirche nicht einmal angehören.
Doch Gottesdienste und der Religionsunterricht sind nicht die einzigen Aktivitäten, die Hals Kirche organisiert, so nimmt er z.B. auch regelmäßig an vielen Ausflügen und der kirchlichen Pfadfindergruppe teil. Und die Kirchenmitglieder organisieren in einem der späteren Bände, als Deb nicht aufstehen und kochen kann, Freiwillige, die den Ralstons Essen vorbeibringen!
Der Hauptbestandteil eines interessanten Krimis ist natürlich eine spannende Kriminalhandlung, aber auch diesen Punkt erfüllt die Autorin aufs Höchste. Ein weiterer Spitzenband aus der amerikanischen Krimiserie um die Polizistin und Mutter Deb Ralston, der nicht nur Fans begeistern wird.

Kathrin Hanik