Das Buch direkt bei Amazon bestellen Ralph Gerstenberg
Grimm und Lachmund

(1. Band Henry Palmer)
grafit TB
ISBN 3-89425-276-6

Nach einem gemeinsamen Essen mit seiner alten Freundin Hannah hilft Henry Palmer einer polnischen Frau aus einer Notlage. Am nächsten Tag liegt sie ermordet auf seinem Sofa.
Der ambitionslose Romantiker, der sich die Zumutungen der Welt weitestgehend vom Leibe hält, gerät ins Visier der Ermittlungsbehörden. Auch der Bruder der Ermordeten glaubt an Palmers Schuld.
Henry Palmer sucht Unterschlupf in der Zeitgeistkommune seines alten Kumpels Theo Trepka. Als auch ihre gemeinsame Freundin Hannah dort auftaucht, ist das Chaos perfekt.

Rezension:
Dieses Buch erspart eindeutig das Geld für den Gesichtschirurgen.
Nein - wirklich - das sich festfressende Dauergrinsen des amüsierten Lesers (in zumindest der ersten Hälfte des Buches) wirkt sich deutlich positiv auf dessen Lachfältchen und zumindest auf die Mundwinkel aus.
Diese können nach der genussreichen Lektüre von "Grimm und Lachmund" nunmehr nur noch nach oben weisen und das lässt jünger wirken - bestimmt.
Jünger wirkt im übrigen auch Henry Palmer, der rund um die dreißig, hier eine bizarre Geschichte zu erzählen weiß, die den gebannten Schmökerer nicht nur in Atem, sondern auch in Kicherlust gefangen hält.
Bösartige Zungen würden den guten Henry sicherlich als "Sozialschmarotzer" bezeichnen, holt er sich doch sein Geld regelmäßig vom Sozialamt. Gutgesinnte Zeitgenossen erkennen jedoch den Romantiker in Palmer, den unverbesserlichen Idealisten. Einen Menschen, der stets den Eindruck erweckt seine Sinne nicht ganz beieinander zu haben, sozusagen neben sich zu stehen.
Wortgewandt und sprachfindig lässt Ralph Gerstenberg den Leser teilhaben an einem im Grunde perversen und grauenhaften Verbrechen.
Geschickt wird zunächst suggeriert, dass es sich um schlichten, dennoch natürlich nicht weniger schlimmen Mord handelt.
Der zunächst sehr erheiternde Schreibstil überdeckt das, was am Ende zutage tritt: derbe Scheußlichkeiten.
Doch der Reihe nach.
Henry Palmer trifft sich nach Ewigkeiten mal wieder mit seiner Uraltfreundin Hannah in Berlin, dem Ort des Geschehens. Ein nettes Abendessen unterstreicht das Befremden darüber wie sehr Menschen sich verändern können. Ist aus Hannah Lachmund mit einem Male also Hannah Grimm geworden, zwei Namen, zwei Welten. Während Henry eben immer noch Henry ist.
So ist es auch logisch, dass dieser gar nicht anders kann als einzuschreiten, als er nach besagten Abendessen auf ein Handgemenge aufmerksam wird, bei dem es einer Frau schlecht ergeht.
Dass eben diese Frau, eine Polin namens Agnes Brzyska, am Tag darauf tot auf seinem, Henry Palmers, Sofa gefunden werden wird, kann der Gute zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen.
Auch nicht, dass er unter Mordverdacht gerät, eine kleine mit Pistolen und fliegenden Regalbrettern untermalte Unterhaltung mit dem Bruder der Toten zu führen hat, seine eh schon angeknackste Beziehung mit der erfolgreichen Nicole in die Brüche gehen wird und er letztlich Unterschlupf in der Raver WG seines alten Kumpel Theo finden muss.
Noch viel weniger jedoch ist ihm klar, dass weitaus mehr hinter dem Mord steckt als auf den ersten Blick anzunehmen ist.
Naiv und unvermittelt stürzt sich Henry mit Hilfe von Theo in private Ermittlungen und fühlt sich schon fast als kleiner Remington Steele.
Der Leser immer schön an seiner Seite, sehr gut nachvollziehend, dass eine tote, fremde Frau im eigenen Bett einen durchaus heftigen Brechreiz verursachen kann, hat auch noch keinerlei Ahnung oder gar Gespür dafür, dass es später um wirklich widerliche Verbrechen gehen wird, zu deren Lösung letztlich und vor allem unverhofft die Namenswechslerin beitragen wird.
Kurz gesagt ist es die Geschichte, wie aus Hannah Grimm vormals Lachmund wieder eben diese wird.
Zwischen diesen beiden Geschehnissen stecken 187 Seiten interessanter und spannender Lektüre und erst ganz am Ende verliert sich der Humor und der Leser neigt dazu, sich dem Kurzzeitnachnamen Hannahs anzupassen und grimmig auf die Übeltäter zu schielen.
Eine gelungene Mischung aus Zeitgeist, Humor und wunderbar herausgearbeiteten Figuren untermalt das eigentliche Verbrechen und im Bewusstsein einen außergewöhnlich guten Krimi gelesen zu haben, legt der Leser das Buch am Ende befriedigt aus der Hand.

Kalle Blomquist