Bill Pronzini
Blauer Skorpion
Original: Blue Lonesome
"Fräulein Einsam. So nannte er sie, so hatte er an sie von Anfang an gedacht. Aber es war mehr als nur ein Name, und sie war mehr, als nur eine einsame Frau. Sie war die traurigste und einsamste Frau, der er je begegnet war."
Als sie Selbstmord begeht, ist dies für Jim Messenger, Steuerberater und Jazz-Liebhaber in San Francisco, Grund genug, der Sache nachzugehen und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Und es ist eine schreckliche Wahrheit, die er kennen lernen wird...
Rezension:
Compuexe
Fischer TB
ISBN 3-596-15419-7
Wenn man Jim Messenger heißt, ein kleiner, angestellter Steuerberater ohne Aufstiegschancen ist und Jazzliebhaber, abends sein Essen in einer kleinen Kneipe einnimmt und praktisch kein Liebesleben hat, dann ist man froh über jede Abwechslung. Auch wenn diese Abwechslung aus "Fräulein Einsam" besteht, einer ebenfalls unscheinbaren, jeden Abend alleine essenden und sehr traurig aussehenden Frau, die trotz ihrer Einsamkeit jeden Versuch einer Kontaktaufnahme rigoros abschmettert.
Und eines Tages ist "Fräulein Einsam" verschwunden.
Jim, der seit seiner Scheidung selbst unter Einsamkeit leidet, versucht, hinter ihr Geheimnis zu kommen und findet heraus, dass sie Selbstmord begonnen hat.
Die einzige Spur die Messenger hat, ist ein Buch aus der Hinterlassenschaft von "Fräulein Einsam", die in Wirklichkeit Anna Roebuck hieß und aus Beulah kam, einer Stadt in der Nähe von Las Vegas.
Messenger nimmt diese Spur auf, um mehr über Anna zu erfahren und er trifft in Beulah merkwürdigerweise Menschen, die sich herzlich über den Tod Annas freuen und von ihm ständig Einzelheiten über ihren Tod hören wollen. Denn Anna wird beschuldigt eine schlimme, eine verabscheuungswürdige Tat vollbracht zu haben.
Und Messenger ist als Überbringer der Todesnachricht daher gerne gesehen, jedoch möchte man den Fremden, der so viele Fragen stellt, auch schnellstens wieder loswerden.
Hier allerdings lässt Pronzini seinen Helden über sich hinauswachsen.
Aus dem kleinen, unscheinbaren Steuerberater wird langsam ein Mann mit Rückgrat, der alles daransetzt, sein "Fräulein Einsam" zu rehabilitieren.
Und so wird aus der Suche nach der Wahrheit auch eine Suche nach dem eigenen Ich des Jim Messenger. Denn je mehr Jim über Anna Roebuck erfährt, desto mehr erfährt er über sich selbst, seine Ängste, seine Zweifel und seine Wünsche.
Bill Pronzini hat einen guten, einen unterhaltsamen Roman mit viel Tiefgang geschrieben, der bis auf ein paar Morde nie übermäßig brutal oder hart wird.
Er ist eher ein Roman der leisen Töne, obwohl die Spannung und die Action nie zu kurz kommen.
Ein Kriminalroman über die Einsamkeit.