Das Buch direkt bei Amazon bestellen Carlo Schäfer
Im falschen Licht

(1. Band)
rororo TB
ISBN 3-499-23283-9

Ein Wetter in Heidelberg, als würde die Stadt durch eine Autowaschanlage getrieben.
Die Polizei fischt einen Toten aus dem Neckar, über den man nicht das Geringste weiß. Selbstmord, Unfall oder Mord?
Eigentlich traut man Hauptkommissar Theuer und seinem Team nicht mehr als die Jagd auf einen Hundemörder zu.
Doch der Ermittler und seine Getreuen finden heraus, dass sich der Tote in einem illegalen und nicht ungefährlichen Gewerbe für Studenten verdingte.
Theuer bekommt zwar Schützenhilfe durch die junge Staatsanwältin Bahar Yildirim, aber die Zeit drängt: In Heidelberg macht ein Reisender Station, der für einen geheimen Auftrag über Leichen geht. Und alles das hat mit Kunst, genauer gesagt, mit dem Fund eines unbekannten Turner-Gemäldes zu tun …

Rezension:
Heidelberg und Mannheim – nicht eben die Hochburgen internationaler Verwicklungen im Zusammenhang mit Kunst, Kultur, einem Killer und einem Kommissar auf dem absteigenden Ast.
Möchte man meinen.
Aber nur so lange, bis man sich nicht in den packenden Erstling von Carlo Schäfer vertieft hat, der den Leser bis zu seinem überraschenden Finale einfach nicht mehr los lässt.
Da brennt schon im Prolog lodernde Liebe aus jeder Zeile eines Gedichts, das offensichtlich an den heimlichen Geliebten einer unter schlechten Vorzeichen stehenden Affäre gerichtet ist.
Das macht neugierig, da möchte man mehr wissen.
Und mehr gibt es auch – allerdings zunächst von einem Kommissar, nicht mehr jung, der die Klappe nicht halten kann, permanent, mal launig, mal zynisch, gegen seine Vorgesetzten aufbegehrt und sich auch bei den Kollegen nicht eben beliebt gemacht hat.
Ihm zur Seite steht ein Team von der gar traurigen Gestalt bestehend aus einem Muttersöhnchen, einem Säufer, einem, der es jedem gern recht machen würde – und einer asthmakranken, Nadelstreifenanzug tragenden, jungen Staatsanwältin mit türkischen Eltern und Vorfahren.
Gemeinsam beißen sie sich an einem Fall fest, den ein aalglatter Polizeidirektor ihnen erst gar nicht geben will und dann aus PR-technischen Gründen nicht mehr wegnehmen kann, obwohl ein Scheitern quasi vorprogrammiert scheint.
Einer ihrer Gegenspieler ist ein Killer, der Hölderlin und Heidegger liest, sich sorgfältig kleidet und es schafft, bei seinen „dienstlichen Ausflügen“ gekonnt jedes Unternehmen und jede Behörde hinters Licht zu führen.
Wie die „Kurpfalzdesperados“ durch ihre gemeinsame Arbeit mit Erfolgen und Niederlagen sich nicht nur untereinander besser kennen und mögen lernen, sondern auch kriminalistisch eine Leistungssteigerung erfahren, das ist keine neue Idee – aber ausgesprochen sorgfältig und sowohl humorvoll als auch spannend umgesetzt.
Ein flotter Stil, bestechende Logik („der Täter kann kein Tasmanier sein, denn in Heidelberg gibt es keine Tasmanier“), abgedrehte Einfälle (Protagonist Theuer versinkt gedanklich, wenn ihm alles zu viel wird, gerne in die von ihm erfundene Bärenstadt, in der eine Kirche, eine Tageszeitung und viel Lachs eine wichtige Rolle spielen) und unerwartete Wendungen sorgen dafür, dass sich das Herzklopfen auf den letzten, aufregenden Seiten, bei denen es um Leben und Tod geht mit dem Bedauern darüber mischt, dass die Geschichte offenbar tatsächlich zu Ende geht.
Und allein der Gedanke, dass weitere Bände mit dem quirligen Quintett in Aussicht gestellt werden, lässt den Leser auf Seite 313 mit gemäßigter Trauer Abschied nehmen von einem Roman, der die Nominierung für den Debut-Glauser 2003 mit Fug und Recht verdient hat.

Miss Sophie

***

Carlo Schäfers Krimidebüt zählt leider nicht zu den besonders empfehlenswerten Neuerscheinungen dieses Jahres. Über weite Strecken schleppt sich die Handlung nur so dahin, selbst gegen Ende wird das Tempo nur minimal schneller.
Dazu trägt sicherlich der umständliche Schreibstil des Autors bei, sowie die Tatsache, dass auf den ersten 100 Seiten praktisch nichts passiert.
Selbst geneigte Leser dürften große Mühe haben, in den Bann dieses Krimis zu geraten. Dabei ist ja der Fall an sich, wie sich nach mehr als 300 Seiten schließlich herausstellt, gar nicht so uninteressant. Nur das, was Carlo Schäfer daraus gemacht hat, ist leider nicht gelungen.
Da nützt auch die oft zitierte Heidelberger Kulisse und der (laut Klappentext vorhandene) „skurrile Charme“ dieses Kriminalromans nichts.
Beim zweiten Versuch, der laut Verlagsangaben schon in Arbeit ist, sollte Herr Schäfer, statt seine Protagonisten mit allen nur erdenklichen Problemen auszustatten, lieber mehr auf seinen Plot achten, denn der ist nun mal das A und O eines spannenden Kriminalromans.

Kathrin Hanik