Das Buch direkt bei Amazon bestellen Ian Rankin
Die Tore der Finsternis

Original: Resurrection Men
(13. Band)
Manhattan gebunden
ISBN 3-442-54549-8

Inspector John Rebus steckt bis zum Hals in Schwierigkeiten. Der für seinen Eigensinn bekannte Ermittler wird vom Dienst suspendiert und muss einen mehrwöchigen Kurs auf dem Scottish Police College absolvieren, um endlich Teamgeist und korrektes Verhalten zu lernen.
Gemeinsam mit fünf weiteren schwarzen Schafen aus den Reihen der Polizei soll er dort aber auch einen ungelösten Fall untersuchen: den Jahre zurückliegenden Mord an Eric Lomax.
Rebus weiß allerdings nur zu gut, wer Lomax damals umgebracht hat. Nun muss er befürchten, dass seine eigene tragische Verstrickung in das Verbrechen ans Tageslicht kommt.
Während er die Untersuchung verschleppt, hilft er gleichzeitig seiner Kollegin Siobhan Clarke bei Ermittlungen in einem aktuellen Fall: Der Edinburgher Kunsthändler Edward Marber wurde vor seiner eigenen Haustür brutal ermordet, von Täter und Motiv fehlen jede Spur.
Doch dann werden Verbindungen zwischen dem Mord an Eric Lomax und dem an Marber sichtbar und die Spuren führen nicht nur in Edinburghs Unterwelt, sondern auch zu Rebus' Kollegen im Police College.
Eine Erkenntnis, die für ihn und Siobhan tödlich sein könnte …

Rezension:
Statt am Schauplatz eines Verbrechens treffen wir John Rebus diesmal bei der "Karriereberatung" - die sich, auch wenn die entsprechende Dame mehrfach beteuert, keine "Psychotante" zu sein, deswegen mit ihm beschäftigt, weil der alte Sturkopf seine Vorgesetzte (und viele Jahre zuvor Ex-Freundin) mit einem vollen Teebecher beworfen hatte; natürlich aus rein beruflichen Gründen.
So ist die logische Folge ein Aufenthalt in der "Polizei-Strafkolonie", einem Schulungszentrum, in dem einerseits der Nachwuchs ausgebildet und gefördert, andererseits aber auch "alte Hasen" wie Rebus zur Ordnung gerufen werden, bevor man drastischere Maßnahmen ergreift.
Aus sechs Männern besteht das Team, dem unser Held in der "Akademie" zugeteilt wird, um gemeinsam im Rahmen einer Fallstudie eine alte ungelöste Mordsache zu bearbeiten. Schnell wird klar, dass von diesen mehr als einer Dreck am Stecken hat - die Frage ist nur, ob Rebus aufgrund der eigenen Vergangenheit tatsächlich in der Position ist, den Kollegen am Zeug zu flicken …
Parallel zur Tatsache, dass man ihren Vorgesetzten aus dem Verkehr gezogen hat, muss Siobhan (wir erinnern uns: gesprochen "Schi-won", wie "Yvonne") zusammen mit einem blutjungen Neuling den Fall eines ermordeten Kunsthändlers lösen.
Und als wäre das nicht genug, will die Drogenfahndung Rebus als Vermittler einsetzen, um einen - ihm persönlich bekannten und teilweise verpflichteten - Verbrecher dazu zu bewegen, den eigenen Boss zu verpfeifen.
Während sich also diese diversen Handlungsstränge teils nebeneinander her, teils in ungeahnten Verwicklungen und Verstrickungen bewegen, erfährt der Leser einiges über die Kunstszene, begegnet "alten Bekannten" aus früheren Romanen, lernt, dass Beamtenwillkür und Korruption immer wieder und immer noch ein Thema sind in den Romanen des Bestsellerautors, vor allem aber gibt es wieder neue Einblicke in das Innenleben der wichtigsten Figuren der Serie.
Allen voran natürlich Rebus, dessen kontroverser Charakter mit seinen Stärken und Schwächen einmal mehr vor den Fans ausgebreitet wird und so zu einer weiteren Identifikation mit seiner Person führt.
Mehr und mehr Raum nimmt aber auch Siobhan ein: sie darf sich einerseits in schlauen Schlussfolgerungen und mutigen Taten profilieren, muss aber auf der anderen Seite auch herbe Rückschläge hinnehmen, von denen sexistisches Mobbing nicht das Schlimmste ist. Wenn sie dann dem Tod ins Auge blickt, dann weiß der Leser, dass die Polizistin diese Begegnungen nie vergessen und im Gegenteil dadurch eine starke Prägung erfahren wird.
Rankin führt seine Leser mit gewohnt souveräner Hand meisterlich durch die sehr zahlreichen Seiten seiner komplizierten und doch wie ein Zahnrad ineinander greifenden Handlung. Er legt sich nicht fest, wertet nicht, überlässt dem Leser den eigenen ambivalenten Gefühlen, etwa wenn es um die Kooperation der "Guten" mit den "Gangstern" geht: Mal erwächst daraus etwas Positives, so man Gerechtigkeit oder gar Rache für die Opfer als positiv sehen möchte. Und dann wiederum steht einzig und allein persönliche Bereicherung im Vordergrund.
Das Ende des Romans ist allerdings nicht wirklich befriedigend. Wohl sind die meisten Geheimnisse gelüftet, ein Großteil der Fäden entwirrt und doch bleibt (wie so oft bei diesem Autor) ein bitterer Nachgeschmack und der Gedanke: "Es wird halt doch nicht immer alles gut!"
Auf der anderen Seite machen die einzelnen noch offenen Fragen eindeutig Lust auf mehr. Mehr Rankin, vor allem aber mehr Rebus! Einem Rebus, der zwar immer noch Schwierigkeiten auf der Beziehungsebene hat, aber längst nicht mehr so viel säuft und auch in Punkto Teamwork einiges dazugelernt hat seit den ersten Bänden. Der Mann macht sich - und seine Fälle, seine Geschichte, sein Leben machen süchtig!

Miss Sophie