Das Buch direkt bei Amazon bestellen Elke Loewe
Herbstprinz

rororo TB
ISBN 3-499-23396-7

In Augustenfleth an der Stinte wird "Die Rosenbowle" getrunken. Valerie Bloom ist in dem norddeutschen Dörfchen, in dem sie von ihrer Tante ein Haus am Deich geerbt hatte, wohnen geblieben. Sie hat sich an das beschauliche Leben gewöhnt, doch eines Tages ist es mit der Ruhe vorbei:
Apfelblütenzeit - Dörte und Hinrich Heinssen bewirtschaften zwanzig Hektar Marschland, schnurgerade Apfelbaumreihen und Wassergräben. Hinrich hält den Hof und Dörte die Familie mit den studierenden Kindern Gerd und Katrin zusammen. Valerie Bloom ist eine sehr gute Freundin von Katrin geworden.
Das geordnete Landleben geht seinen Gang, bis Yuma, der Kurde, als Schwarzarbeiter auf den Heinssenhof kommt. Katrin verliebt sich in ihn. Unter den letzten Finkenwerder Herbstprinz-Bäumen erträumen sie sich ein Leben ohne die alles bestimmenden Familien.
Das Geheimnis ihrer Liebe fliegt auf, es kommt zu hässlichen Szenen, und eines Tages ist Yuma spurlos verschwunden …

Rezension:
Hier ist wieder Augustenfleth, ein kleiner (wenn auch fiktiver so aber doch für die Menschen aus dem niedersächsischen Drochtersen-Hüll wiedererkennbarer) Ort in der Elbmarsch mit großen Obsthöfen, wo die Frauen mit Hollandrädern zum Landfrauenclub radeln und quietschende Pforten den Blick auf Wildgärten voller Blutweiderich, Dost und Mäderich frei geben.
Die lebenslustige Reportage von hinterm Deich inklusive lustvollem Täterfangen, die sich die Leserin von der Autorin wünscht (kennt sie doch sowohl den kargen Humor, den Elke Loewes Zeichentrickschweine für Kinder, Piggeldy und Frederic, auszeichnen als auch den Vorgängerroman "Die Rosenbowle", der vergnüglich die dunklen Seiten der heilen Welt ausleuchtet), kommt diesmal, leider, nicht so recht in Fahrt.
Ohne Kenntnis des atmosphärisch dichten Vorgängers ist das neue Buch nur schwer zu lesen. Und das, obwohl der Finkenwerder Herbstprinz, um den es ja schließlich auch geht, eigentlich ein gut schmeckender, vielseitiger Apfel, ist. Mit dem man viel machen kann. Apfelmus, Backapfel, Apfellikör... oder sich den Namen ausleihen und den geliebten aber illegalen Erntehelfer so nennen, der mit seiner bloßen Anwesenheit (wie macht er das?) gleich zwei der am Ende der Welt wohnenden Deerns den Kopf verdreht. Sehnsucht nach der Fremde ist es, die entweder den Schwalben hinterherfliegen oder wahlweise dem Landarbeiter anschwärmen lässt.
Die Geschichte holpert allerdings ein wenig und vom Muezzin im Äpfelland wird zwar geredet, aber die Stimmung mag nicht so recht überspringen und so ist es nicht sofort nachvollziehbar, warum die zwei weiblichen Hauptpersonen in Traum, Wahrheit und Vergangenheit von Yuma schwärmen. Doch in einem Augustenfleth mag das Fremde noch mehr locken.
Trotz klarer Sprache und einfacher Worte verwirren doch eingestreute Zitate und wechselnde Situationen, und eine Handlung, die sich nicht immer logisch erschließt, trübt den Lesegenuss. Leider überzeugt die Spezialistin für das norddeutsche Küstenland trotz konfliktreichen Ansatzes (illegale Gastarbeiter im ländlichen Betrieb) diesmal nicht von Anfang bis Ende. Der Finkenwerder Herbstprinz wurde hier von einem guten Tafelapfel leider zu einem etwas faden Äpfelchen, der nicht so recht rund munden mag.

Iris Groschek