Das Buch direkt bei Amazon bestellen Sabina Naber
Die Namensvetterin

Rotbuch TB
ISBN 3-434-53104-1

Kommissarin Maria Kouba kann den Jahrhundertsommer, der ganz Wien in jedem Sinne erhitzt, einfach nicht genießen. Da ist zum einen die Trennung von ihrem Lebensgefährten Karl, der seit Monaten mit einer Jüngeren das Dolce Vita genießt, zum anderen hat sie einen neuen Partner im Kommissariat, der ihr zutiefst unsympathisch ist.
Und dann ist da noch der Mord an der bekannten Kabarettistin Barbara Stein. Nicht nur, dass die Leiche von dem offenbar wahnsinnigen Mörder grässlich verstümmelt worden ist, die Recherchen führen Kommissarin Kouba auch noch in die schwüle Welt von Swinger-Clubs - was sie nicht ganz kalt lässt. Und was ihr eine Menge Verdächtige beschert.
Oder war es am Ende der Verlobte selbst, der mit der ziemlich bewegten Vergangenheit seiner Braut nicht umgehen konnte. Ein Fall auf jeden Fall, der Maria Koubas Leben eine ganz neue Wendung gibt...

Rezension:
Arme Maria Kouba: da hat sie ein Sahneschnittchen von Assistent zugeteilt bekommen und möchte ihn gern zum Kotzen finden, obwohl... Da muss sie sich ausgerechnet mit einem Fall befassen, der sie (und ihn!) ins Milieu der Swinger-Clubs führt. Da ist das Mordopfer eine sexuell äußerst aktive (und vielseitige) Größe der Wiener Künstlergesellschaft.
Die Atmosphäre ist also von Anfang an relativ schwül, und das liegt nicht nur am Wetter in Wien. Barbara Stein, gefeierte Sängerin und bekennende Swingerin ist brutal ermordet worden - und mit jeder Recherche in ihr Vorleben wird sie für die Kommissarin weniger greifbar.
Weil Maria Kouba, frisch getrennt, auf einmal erkennt, dass sie möglicherweise viel zu sehr in alten und neuen Frauen- und Rollenklischees steckt. Das, was die Swinger "intelligenten Sex" nennen, ist für sie ein gefährlich fremdes Terrain - und zugleich faszinierende Verlockung. Aber wie kann man sich auf einen Mordfall konzentrieren, wenn man mit seinem Kollegen nackt im Pärchen-Club sitzt (streng dienstlich, natürlich)? Wie kann man sich auf den Mord konzentrieren, wenn die Vor-Ort-Recherche im Club den vollen Körpereinsatz fordert?
Literarische Voyeure freilich, das muss auch an dieser Stelle gesagt werden, kommen bei Sabina Naber nicht auf ihre Kosten - es gibt keine "Stellen" in diesem Roman, sondern nur die von diversen aufklärerischen RTL2-Magazinen gepflegte Ästhetik der expliziten Andeutung.
Wie wird dieser Fall also Kommissarin Maria Kouba verändern? Wenig, so scheint es, wenn man die kleinen Schritte verfolgt, mit denen sie sich in das ungewohnte Terrain vorwagt - aber beginnt nicht jede große Reise mit einem kleinen Schritt? Den Mordfall jedenfalls löst sie zusammen mit ihrem Kollegen in bester Kumpel-Tradition nach den bekannten TATORT-Versatzstücken von Verhör und Alibizerpflückung - unter diesem Aspekt also: nichts Neues aus Wien.

Reinhard Jahn