Das Buch direkt bei Amazon bestellen Inger Frimansson
Die Katze, die nicht sterben wollte

Original: Katten som inte dog
Aus dem Schwedischen von Paul Berf
btb TB
ISBN 3-442-72832-0

Die Lehrerin Beth und ihr Mann Ulf, ein Journalist, machen wie jedes Jahr Urlaub in ihrem Sommerhaus in den Wäldern. Die Stimmung ist alles andere als gut, die Ehe kriselt, und dann kommt es eines Abends zur Katastrophe: In einem Anfall von Raserei tötet Beth, die sich bedroht fühlt, einen vollkommen harmlosen Mann, der sich in der Nähe ihrer Scheune herumtreibt.
Gemeinsam mit Ulf beschließt sie, den Leichnam zu begraben und das Verbrechen zu verschweigen. Doch es scheint jemanden zu geben, der ihr bereits auf der Fährte ist ...

Rezension:
Beth hat einen Menschen getötet. Und sie und ihr Mann Ulf haben den toten Körper beseitigt. Begraben. Aber nie vergessen. Die Erinnerung an dieses Ereignis, über das sie nie sprechen wollen, will nicht verdrängt werden. Der Tote schleicht sich in die Köpfe, die Tat bleibt in jeder Sekunde präsent. Das Unterbewusstsein schlägt Kapriolen, das wirkliche Leben verschwimmt zunehmend im großen Grau, die Vergangenheit wird gegenwärtiger als das Jetzt.
Eine psychologische Studie über das Verdrängen, über das Leben, das zunehmend eine Scheinwelt wird, wo eine Katze zur Bedrohung und zum Symbol eines Totschlags wird. Die gemeinsame Entscheidung zur Vertuschung wird zur gemeinsamen Last. Obwohl das Täterpaar kaum Lügen braucht und sich nicht in komplexe Lügenkonstrukte einer falschen Wahrheit verstrickt, wird das normale Leben zur Qual, wächst das Schweigen zu einer unüberwindbaren Mauer zwischen Beth und der Welt, zwischen Beth und ihrem Mann. Zwei Menschen, die, statt gemeinsam am Wissen um ein gemeinsames Geheimnis, an den Folgen einer Tat, und sei sie noch so unreal, zu wachsen, diese Tat eines Augenblicks ein Leben lang bereuen wird. Totschlag verjährt nicht in den Köpfen.
Neben der hauptsächlichen Täterperspektive erhält auch die Opferseite in diesem schwedischen Krimi die Möglichkeit, sich darzustellen – ein Opfer, das weder unschuldig noch bedauernswert zu sein scheint. Aber der Tod, nein, ein gewaltsamer Tod kann nie gerecht sein.
Spannend und atmosphärisch dicht werden die Leser in den Bann eines alltäglichen Lebens gezogen, dessen Alltäglichkeit durch eine Gewalttat kaum weniger normal ist, aber durch das Verdecken und Verdrängen eine neue Dimension der Angst und der zwischenmenschlichen Unaussprechlichkeit bekommt. Das Leben ist nicht mehr einfach. War es das je? Ohne philosophisch zu werden, verändert der Tod in diesem Buch, ob er gewaltsam, ob als Freund oder als unerwarteter Schicksalsschlag den Menschen begegnet, das Denken, die Taten, das Leben jedes Einzelnen und führt schließlich zur Erkenntnis der unbedingten Einsamkeit des Einzelnen.
Das dunkle Grollen wird zum Gewitter. Durch das Alltagsgrau blitzt zum Schluss ein Licht. Zusammen mit dem Einsetzen des Regens kommen die Tränen. Was gedeckelt wurde, kommt hervor, es ist vorbei.

Iris Groschek