Das Buch direkt bei Amazon bestellen Wolfgang Schorlau
Die Blaue Liste - Denglers erster Fall

Kiepenheuer & Witsch gebunden
ISBN 3-462-03318-2

Am 21. April 1991 wird Carsten Detlef Rohwedder, Präsident der Treuhandgesellschaft, erschossen. Seinem Tod folgt eine drastische Kurskorrektur und der Ausverkauf des Ostens.
Sechs Wochen nach dem Attentat stürzt eine voll besetzte Boeing der Lauda-Air über dem Dschungel Thailands ab; 223 Menschen sterben. Seit diesem Tag kennt der allgemeine Sprachgebrauch den Begriff »Schubumkehr«.
Im Juni 1993 wird das RAF-Mitglied Wolfgang Grams auf dem Bahnhof von Bad Kleinen erschossen. Fast zehn Jahre nach seinem Tod behauptet das Bundeskriminalamt, er sei am Tatort des Mordes an Rohwedder gewesen.
Tatsächlich wurden alle drei »Geschehnisse« nie wirklich aufgeklärt.
Georg Dengler ist im Unfrieden beim BKA ausgeschieden. »Private Ermittlungen« steht jetzt auf seiner Visitenkarte, und sein erster Fall verspricht leicht verdientes Geld zu werden.
»Es geht um meine Freundin«, sagt der Anrufer. »Ihr Vater kam vor zwölf Jahren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Merkwürdig ist nur, er rief sie vorher an und sagte, er habe die Maschine verpasst. Forschen Sie ein bisschen nach und schreiben Sie einen Bericht, damit sie wieder ruhig schlafen kann.«
Der Vermisste ist Mitarbeiter der Treuhand und Verfasser der »Blauen Liste« – des Dokuments, das der Deutschen Vereinigung einen völlig anderen Weg wies ...

Rezension:
Sie mögen Frederick Forsyth? Dann werden Sie diesen Autor lieben!
In seinem hervorragenden Buch verbindet er zeitgeschichtliche Ereignisse (das Rohwedder-Attentat, der Absturz der Lauda Air und die Ereignisse von Bad Kleinen) mit einer fiktiven Romanhandlung.
Das Ergebnis: Eine durchaus nicht unrealistische Geschichte - spannend, nachvollziehbar und darüber hinaus garniert mit einer Romanze, die vor allem die weibliche Leserschaft zu schätzen wissen wird.
Schorlau, als ehemaliger Manager in der Computerindustrie kein politischer Insider aber vielleicht genau deswegen mit unverstelltem Blick auf die Geschehnisse, interpretiert die Vergangenheit auf seine Weise und konstruiert daraus eine außerordentlich plausible Story. Gut für ihn: Um wirklich konkreten Ärger mit Behörden zu bekommen ist das Szenario zu weit weg und alles zu lange her.
Im Zentrum steht dabei die Idee des "Was wäre wenn …" … man der gesamtdeutschen Wirtschaft nach der Wende ein völlig anderes Gesicht gegeben hätte, indem man die Betriebe - statt sie für einen Appel und ein Ei zu verkaufen - in die Hände der dort beschäftigten Mitarbeiter gelegt hätte?
"Die Blaue Liste" stellt dabei die Übersicht jener Testbetriebe dar, mit denen man das Experiment hätte wagen wollen.
Im Anhang versorgt der Autor seine Leser mit Informationen, die seine These untermauern.
Der Roman ist nicht nur ein faszinierendes Stück gut gemachter Unterhaltungsliteratur, er versetzt den Leser auch in die Lage, eine Vorstellung davon zu bekommen, wie in Politik und Wirtschaft die Fäden gezogen werden und wie sich die Gedankengänge die Verantwortlichen bewegen.
Und wenn Ex Zielfahnder Dengler versucht, die letzten Lebensstunden eines der Lauda-Air-Opfer zu rekonstruieren, dann bekommt der Leser auch hier ein Bild von der Vorgehensweise bei einer solchen Ermittlung - wie man es anstellen muss, alles aufzudröseln und auch winzigste Details zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammenzusetzen.
Die Haupt- und Neben-Figuren von "Die Blaue Liste" sind ebenso wie die großen Handlungsstränge als dem Leben gegriffen, ohne dass der Autor in Stereotypen verfällt oder zu stark überzeichnet.
Und obwohl natürlich die (echte) Geschichte nicht noch mal neu geschrieben wird und auch ohne dass alles aufgelöst wird, gelingt es Schorlau, auf einer positiven Note zu enden. Denn sein Protagonist zieht persönlichen Nutzen aus den im Verlauf der Ermittlung gewonnenen Erkenntnissen, kann mit dem, was er nun weiß und versteht einfach besser leben.
Ähnlich geht es dem Leser, der sich freut, eine hundertprozentig nachvollziehbare, gut recherchierte Geschichte gelesen zu haben, die zum Nachdenken anregt und auch nach Beendigung der Lektüre noch geraume Zeit nachklingt.

Zack