Das Buch direkt bei Amazon bestellen Nicolas Remin
Schnee in Venedig

Kindler gebunden
ISBN 3-463-40465-6

Italien 1862:
Venedig ist von den Habsburgern besetzt. Die Stimmung in der Stadt ist aufgeheizt. Elisabeth von Österreich, genannt Sissi, ihres kaiserlichen Gemahls längst überdrüssig, weilt unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen in der Lagunenstadt.
In einer Kabine des Raddampfers von Triest nach Venedig wird ein hoher kaiserlicher Offizier ermordet aufgefunden, nackt neben einer jungen Frau, offenkundig einer Prostituierten.
Für Commissario Tron, den letzten Spross eines verarmten venezianischen Adelsgeschlechts, ist die Ermittlung von besonderer Bedeutung.

Rezension:
Ein verarmter Adliger, der als Polizist arbeitet und gleichzeitig unter der Hand und längst nicht immer auf legalem Wege alte Familienerbstücke verkauft, um seiner standesbewußten Mutter den Verbleib in ihrem leider immer baufälliger werdenden Palazzo zu ermöglichen.
Eine geheimnisvolle Principessa mit makellosem Teint, wachem Verstand und in der Stunde der Gefahr völlig ohne Skrupel.
Und schließlich eine Kaiserin, die sich als Miss Marple des 19. Jahrhunderts mehr als einmal in eine brenzlige Situation bringt, während sie sich im Verlauf ihrer Ermittlungen unbedarft, aber ausgesprochen gewitzt unters Volk mischt.
Dies sind einige der Hauptpersonen dieser aus zwei Blickwinkeln erzählten Geschichte um Mord, Nötigung, Sachbeschädigung, illegale Bordelle und Spielhöllen, weitere Todesopfer, sowie einer spektakulären Flucht aus den Bleikammern von Venedig und einem tödlichen Showdown, dessen actionreicher Verlauf sich mit jedem Fernsehfinale messen kann.
Und all das, nachdem die umfangreiche Einführung in Leben, Persönlichkeit und Umstände des Commissario Alvise Tron den unbedarften Leser fälschlicherweise glauben lassen könnte, er habe es hier mit einem historischen Roman der gemütlich-gemächlichen Sorte zu tun.
Keineswegs! Der geborene Berliner Remin nimmt sich zwar zuweilen viel Zeit für die einzelnen Entwicklungen – wird dabei aber niemals langweilig oder auch nur langatmig. Seine ironischen Wendungen, die zuweilen fast ins Absurde spielen könnten nicht präziser platziert sein. Und schließlich stellt er den Protagonisten zahlreiche liebenswerte Nebenfiguren zur Seite, die wir in den Folgebänden gerne wieder treffen wollen (vom treuen Diener Alessandro bis zu jener zwielichtigen Gestalt aus der Unterwelt, die sich als Alvises alter Schulkamerad entpuppt).
Die Einbindung einer „echten“ historischen Persönlichkeit in eine fiktive Handlung ist nicht neu (man denke nur an George Baxt mit seinen Krimis um Hollywood-Größen von Alfred Hitchcock bis Clark Gable; und auch auf dem Gebiet des historischen Krimis gibt es hier viele Beispiele) – aber was Thomas-Mann-Kenner und Italien-Liebhaber Remin mit „Schnee in Venedig“ vorgelegt hat, ist ausgesprochen gut gelungen.
Charmant und spritzig, dabei aber sehr spannend und zuweilen auch ausgesprochen direkt – in allen Lebens-, Sterbens- und Liebeslagen – macht dieser Erstling auf jeden Fall Lust auf mehr.

Miss Sophie