Das Buch direkt bei Amazon bestellen David Peace Peter Torberg
1974

(Band Eins des „Red Riding Quartetts“)
Aus dem Englischen von Peter Torberg
Liebeskind gebunden
ISBN 3-93589-029-X

Jeanette Garland, vermißt gemeldet in Castleford, Juli 1969.
Susan Ridyard, vermißt gemeldet in Rochdale, März 1972.
Clare Kemplay, vermißt gemeldet in Morley am gestrigen Tag.
Es ist Freitag, der 13. Dezember 1974, und Edward Dunford tritt seinen ersten Arbeitstag an. Endlich hat er den Job, den er immer wollte: Reporter bei der Evening Post. Nur weiß er noch nicht, daß er in den nächsten elf Tagen durch die Hölle gehen wird. Ein grausamer Mord wird entdeckt. Zeugen verschwinden spurlos. Und die Polizei scheint mehr zu wissen, als sie vorgibt ...
Als Edward Dunford herausfindet, daß die Honoratioren der Stadt in den Mordfall verwickelt sind, beginnt ein Wettlauf mit dem Tod.

Dieser Roman erhielt den Deutschen Krimi-Preis 2006 (1. Platz – Kategorie „international“).

Rezension:
Und dann wird erst mal Tee gemacht …
Egal ob sich die Familie zur Beerdigung trifft, der Reporter mit den Eltern vermisster Kinder spricht, die Freundin ihm ihre Schwangerschaft gesteht … - immer wird erst mal Tee gemacht.
Der gehört dazu, das ist die zweite Natur eines jeden guten Engländers, vor allem dort, im kernigen aber keineswegs kalten Norden, dort in Leeds, wo jeder Busfahrer seine Gäste mit einem „Ta’ Luv!“ einzeln verabschiedet – und suggeriert oft eine Gemütlichkeit und Betulichkeit, wie sie nicht weiter weg sein könnte von diesem Stück schnörkel- und kompromissloser Literatur, das von Kritikern und Krimikollegen wie Ian Rankin gleichermaßen gefeiert wird.
Denn es gibt nicht nur Tee, sondern auch Frustration, Prügel, Beamtenwillkür der schlimmsten Sorte und schließlich widerlichsten Mord- und Totschlag.
Der Ich-Erzähler fühlt sich meistens scheiße – und sagt das auch. Weil er beruflich nicht zum Zug kommt, zur falschen Zeit am falschen Ort ist, weil keiner ihm zuhört. Weil sein Vater zwei Tage bevor er es geschafft hat, den Löffel abgibt.
Doch hat der Junge keine Ahnung, wie viel mieser er sich noch fühlen wird: Beim saufen, beim kotzen, beim Anblick eines durch die Polizei abgefackelten Zigeunerlagers und natürlich in dem Moment, wenn es ihm selbst an den Kragen geht, wenn er bedroht und zusammengeschlagen wird, vor allem aber dann, wenn er erkennen wird, dass er im Vergleich zu „denen dort oben“ ein Nichts und Niemand ist …
Sätze wie Ohrfeigen – hart und heftig, eine nach der anderen, wieder und immer wieder … - tragen den Leser durch die ebenso rasante wie deprimierende Handlung.
Schon früh zeichnet sich ab, dass der Protagonist Held und tragische Figur in einem ist, dass er absichtlich ausgebremst wird, dass alle anderen unter einer Decke stecken, dass er geradewegs in sein Unglück rennt. Und man weiß nicht, soll man dem Jungreporter wünschen, die bestialischen Kindsmorde und alles, was damit zusammenhängt, schnellstmöglich zu vergessen oder endlich mal richtig aufzuräumen …
So oder so … die Blessuren werden bleibende sein, das ist zweifellos klar. Für alle Beteiligten …

Miss Sophie