Das Buch direkt bei Amazon bestellen Iain Levison
Betriebsbedingt gekündigt

Original: Since the Layoffs
Aus dem Amerikanischen von Hans Therre
Matthes & Seitz gebunden
ISBN 3-88221-845-2

Zwecks Profitmaximierung haben Jake Skowrans Arbeitgeber ihre Fabrik in eine Billiglohnregion verlegt. Nun lebt er in einer sterbenden Stadt, arbeitslos, von seiner Freundin verlassen und verschuldet wie beinahe alle, die er kennt. Doch Jake gibt die Hoffnung auf wenigstens bescheidene Teilhabe am amerikanischen Traum in Form von Arbeitsplatz, Familie und Eigenheim nicht auf. Er will arbeiten und er ist wütend auf die Welt des Turbokapitalismus, in der seine Zukunft verloren zu gehen droht.
Als ihm eine Chance geboten wird, ergreift er sie und geht seinen eigenen Weg: Er schlägt die Laufbahn eines Auftragsmörders ein. Der Tätigkeit des Tötens geht er nun mit derselben sorgfältigen Gewissenhaftigkeit nach, wie seinen bisherigen Jobs - er entsorgt nun seinerseits angeblich wertlos gewordenes Humankapital.
Der Revolver wird dabei zum Instrument seiner Revolte und zur Grundlage neuen Selbstbewusstseins: Jake wird sich nicht nur eine neue Existenzgrundlage, sondern auch Respekt verschaffen ...
Und während gleichzeitig die Polizei ihr Netz um ihn herum immer enger zieht, erhält die Geschichte vom Wandel des ehrlichen Fabrikarbeiters Jake zum bezahlten Killer zunehmend die Züge eines paradoxen Bildungsromans.

Rezension:
Gehören Sie auch zu denen, die damals, 1993, durchaus Verständnis dafür hatten, dass es im Leben eines Menschen Momente geben kann, in denen man sich mit einer Knarre Zutritt zu einer Telefonzelle verschaffen möchte, wie es Michael Douglas als William Foster in „Falling Down“ tat?
Gut, vielleicht hätte die Sache anders ausgesehen, wenn damals jeder Hans und Franz – so wie heute – ein Handy gehabt hätte.
Aber er hatte keins, so wie wir alle keins hatten. Und er war unendlich frustriert und genervt, was wir ebenfalls wunderbar nachvollziehen konnten. Genau darum waren wir höchstens mäßig entsetzt, als er in seiner ganz und gar verfahrenen Situation zu unkonventionellen und ganz und gar politisch unkorrekten Mitteln griff.
Ganz genauso geht es uns, wenn wir die Geschichte von Jake hören, dem ehemaligen Leiter der Warenausgabe, einem durch und durch rechtschaffenen Kerl, der nicht einmal dann, als schon klar war, dass die Fabrik dicht machen würde, seine Schäfchen durch Mauscheleien oder Diebstahl ins Trockene brachte.
Und was hat er davon? Genau gar nichts! Seine Freundin hat sich mit einem Neuwagenhändler aus dem Staub gemacht, als der Ich-Erzähler vor dem beruflichen Nichts steht, er hat Schulden bei seinem Buchmacher und bei einem Kredithai, sogar den Fernseher musste er ins Pfandhaus bringen.
Fast verständlich also, dass er zumindest nicht sofort „Nein“ sagt, als ihm ein Ausweg aus dieser Misere angeboten wird – und sei es durch einen Mord.
Nachdem dieser glatt geht, steigt nach und nach Jakes Selbstbewusstsein – und parallel dazu die Sympathien des Lesers für diesen Kerl, der nach wie vor eine ehrliche Haut ist, nur eben eine, die gegen Geld anderen das Lebenslicht auspustet.
Auch um die anderen, die im Verlauf der Geschichte dran glauben müssen, tut es uns nicht wirklich leid – ganz im Gegenteil. Denn Jake ist einer von uns, dem die Umstände übel mitgespielt haben und der jetzt auf seine Weise die Dinge wieder ein ganz klein wenig gerade rückt.
Und wenn es am Ende der ebenso verrückten wie spannenden und anrührenden Story ein Happy End gibt, dann gönnen wir dem Footballfan und seiner neuen Liebe von ganzem Herzen, dass er es geschafft hat, die Chance zu ergreifen, um sich, über die Schleife des Auftragskillers, aus eigenen Kräften wieder ein respektables Leben zu schaffen.
In diesem Roman bekommt jeder, was er verdient – auch der Leser, der am Ende der zugegeben höchst unmoralischen Erzählung nicht nur Jake kennen gelernt und in sein Herz geschlossen hat, sondern anhand von vielen kleinen Geschichten von kleinen Leuten in einer kleinen Stadt auch ein sehr realistisches Abbild des heutigen Amerika erhält.
Ein rabenschwarzes Buch – und ein Leckerbissen für jeden, der im hintersten Winkel seiner Seele immer schon mal einem fiesen Vorgesetzten eindeutig und endgültig Paroli bieten wollte …

Miss Sophie