Carl Hiaasen
Der Reinfall
Original: Skinny Dip
Obwohl ihre Ehe mit Chaz bereits die eine oder andere Krise erlebt hat, würde die hübsche und reiche Joey Perrone sie nicht als unglücklich einstufen. Als Chaz sie jedoch während der Kreuzfahrt anlässlich ihres Hochzeitstages kurzerhand über Bord wirft, sieht sich Joey gezwungen, diese Einschätzung zu revidieren.
Rezension:
Oder wer sonst würde einen schwammigen, dauergeilen Unsympath seine Frau ausgerechnet auf der Kreuzfahrt anlässlich ihres zweiten Hochzeitstages über Bord werfen lassen?
Doch bis dahin jagt ihn der Starkolumnist des Miami Herald durch fast 500 Seiten voller packender, witziger, aber auch rührender und romantischer Ereignisse die er fast beiläufig mit der durchaus realen Zerstörung der Everglades in Florida verknüpft und dem, was sich dort an Korruption und betrügerischen Machenschaften Tag für Tag abspielt.
Immer wieder genial, immer wieder lesenswert, immer wieder ein Meister seines Faches: Carl Hiaasen!
Miss Sophie
Aus dem Amerikanischen von Marie-Luise Bezzenberger
Manhattan gebunden
ISBN 3-442-54613-3
Das Motiv für die Tat ist allerdings nicht finanzieller Natur, denn Joey hat ihr Geld längst in Sicherheit gebracht. Chaz glaubt vielmehr, dass seine bessere Hälfte etwas über seine krummen Deals mit Red Hammernut weiß, einem skrupellosen Tycoon, der die Everglades verseucht.
Dummerweise war Joey früher Leistungsschwimmerin ein biographisches Detail, das Chaz entgangen war und kann sich über Wasser halten, bis sie von Mick Stranahan gerettet wird.
Zusammen mit dem smarten Expolizisten startet Joey nun einen Rachefeldzug, der den naiven Chaz arg in Bedrängnis bringt
Schrill? Nein!
Verrückt? Ih wo!!
Spannend? Zum Brüllen komisch? Gleichzeitig zum Heulen schön? Ja, ja und nochmals ja!
In anderen Worten: Hiaasen halt!
Eine Frau, die nicht nur durch den Tod ihrer Eltern (Ex-Kasinobesitzer, die durch die Schuld eines besoffenen Bären in ihrem Privatflugzeug abstürzten), sondern auch durch das unglückliche Ableben ihres ersten Mannes (beim Fliegenfischangelnüben im heimischen Garten von einem Fallschirmspringer ohne funktionierenden Schirm erschlagen) das ist, was man steinreich bezeichnen kann.
Das reicht Ihnen noch nicht als Ansammlung skurriler Gestalten? Gut, wie wäre es dann mit Mick, dem Retter, der die bedauernswerte Joey, an einem Ballen Marihuana festgeklammert, aus dem Wasser fischt? Der ist, wie der Zufall es will ein durchtrainierter, humorvoller Ex-Ermittler, der auf einer einsamen Insel lebt, nachdem er einen korrupten Richter erschossen hat. Oder mit Detective Karl Rolvaag, der sich zwei Pythons als Haustiere hält? Mit Corbett, Joeys Bruder, der seine Millionen als Neuseeländischer Schafzüchter vermehrt? Und natürlich nicht zu vergessen, mit dem schmierigen Gemüsefarmbaron Red Hammernut und seinem tumben Riesengorilla Tool, den erst nur die Kugel, die seit gut einem Jahr in seinem Hinterteil steckt, und irgendwann das schlechte Gewissen quält
Ein Panoptikum wahrlich denkwürdiger Gestalten zu denen sich folgerichtig am Schluss noch ein durchgeknallter einäugiger Kriegsveteran gesellt, der in den Sümpfen lebt und von Stimmen in seinem Kopf gequält wird, die legendäre Duette trällern.
Sie alle kommen sich kontinuierlich in die Quere, versuchen sich permanent, gegenseitig umzulegen, leben all das aus, woran der angepasste Bürger nur in seinen geheimsten Träumen zu denken wagt: Sie bereichern sich, betrügen, lassen ihren Rachegefühlen freien lauf und genauso den Anfällen von purer ungefilterter Wut.
Manch einer wird vom Saulus zum Paulus, wieder andere finden ihre gerechte Strafe (in einem eher archaischen Sinn) und am Ende könnten sich die Dinge auch aus der Sicht des Lesers nicht besser gelöst haben.