Das Buch direkt bei Amazon bestellen Camilla Läckberg
Der Prediger von Fjällbacka

Original: Predikanten
Aus dem Schwedischen von Gisela Kosubek
(2. Band)
Kiepenheuer gebunden
ISBN 3-378-00669-2

"In der Dunkelheit war er ihr ein und alles geworden. Sie malte sich aus, wie seine Stimme wohl klingen würde. Väterlich, warm. Doch wenn der Schmerz kam, haßte sie ihn."

Mitten in der Urlaubssaison wird im mondänen Badeort Fjällbacka eine deutsche Urlauberin tot aufgefunden. In ihrer Nähe tauchen die Skelette zweier vor Jahrzehnten verschwundener Frauen auf. Zum Entsetzen der Tourismusindustrie wird kurz darauf eine weitere Frau entführt.
In ihrem zweiten Fall kämpfen Erica Falck und Patrik Hedström mit sommerlicher Hitze und religiösem Fanatismus. Die hochschwangere Schriftstellerin und der Kommissar, mit dem sie inzwischen zusammenlebt, ermitteln unter Hochdruck.
In ihr Visier rückt schon bald die zerrüttete Familie des freikirchlichen Predigers Ephraim Hult, dessen Söhne Johannes und Gabriel in der Vergangenheit blutige Schuld auf sich geladen haben. Es ist nicht der Gott der Versöhnung, dem die Hults dienen. Es ist der Gott der Rache.

Rezension:
Ihr Erstling war bereits sehr beeindruckend.
Der zweite Roman ist noch besser.

Wieder schickt Camilla Läckberg die dem Leser bereits vertraute Truppe rund um Polizist Patrik Hedström und seine Verlobte Erica auf die fieberhafte Suche nach einem Mörder und Entführer.
Wieder halten sich dabei Spannung, tiefe Einblicke in die Abgründe der menschlichen Seele und das richtige Maß an Humor die Waage.
Und wieder bleibt dem Leser am Ende die Erkenntnis, dass Mord aus „niederen Beweggründen“ viel leichter zu begreifen ist als ein Tatmotiv, das sich aus einer unendlich verqueren Mischung aus Glaube, Liebe und Hoffnung zusammensetzt …

Wirklich angetan ist der sympathische Patrik nicht, als man ihn mitten aus dem Urlaub ins Büro zurückruft, steht seine Freundin Erica doch kurz vor der Entbindung. Als er dann aber völlig unerwartet zum Leiter der Ermittlungen berufen wird, erwacht der Bluthund in dem jungen Polizisten und er setzt alles daran, einen gemeinsamen Nenner zwischen drei Todesfällen zu finden, die sich immerhin in einem Zeitraum von gut zwanzig Jahren zugetragen haben.
Richtig brenzlig wird die Situation als wieder ein junges Mädchen verschwindet und schnell klar wird, dass die Hoffnung, sie lebend zu finden, mit jedem Tag geringer wird …

Im Zentrum der Ereignisse stehen auch in diesem Roman Menschen, deren Charakterisierung die junge Autorin so trefflich beherrscht. Menschen, die in Ausnahmesituationen über sich hinauswachsen, Menschen, deren Schwächen sympathisch sind und solche, denen man auch als Leser gerne einmal sehr deutlich die Meinung sagen würde …
Wie etwa die unliebsamen Verwandten, die sich uneingeladen im Haus der Protagonistin breit machen, zusammen mit ihren ungeratenen Sprösslingen, denen niemand wagt, Grenzen zu setzen, bis … ja bis Erica nicht nur die Nerven, sondern auch ihre gute Erziehung verliert und sehr drastische Maßnahmen ergreift.
Oder der unfähige Polizist, der durch seine Faulheit, Disziplinlosigkeit und offene Feinseligkeit den Kollegen gegenüber mehr als einmal die Schuld daran trägt, dass die Ermittlungen sich verzögern oder es fast zu einem schweren Unglück kommt.

Und auch diesmal fehlen nicht die tragischen Figuren, wie der alte Mann, mittlerweile zum Witwer geworden, der die Nachricht von der Auffindung der Leiche seiner verschollenen Tochter fast mit Erleichterung aufnimmt.
Oder die Ex-Schönheitskönigin, nunmehr mit Bergen von Fett bedeckt, die mit dem Leben hadert, das ihr den Mann genommen und die Söhne hat kriminell werden lassen.
Schließlich Ericas Schwester, von der man so sehr gehofft hatte, dass sie endgültig ihre Ehe mit all der damit verbundenen Gewalt hinter sich lassen würde, und die immer noch nicht viel mehr Glück mit den Männern hat …

Und immer wieder geht es um Kinder. Solche die man zu wenig geliebt hatte. Oder zu viel. Die von Eifersucht getrieben wurden – oder die die Vernachlässigung zumindest an der Oberfläche gefühllos gemacht hat. Kleine und große Kinder – lebensbedrohlich erkrankt an Leib und Seele …

In diesem Roman, dessen düstere, unheilvolle Verstrickungen der Figuren weit in die Vergangenheit zurückreichen, mangelt es nicht an unerwarteten Wendungen. Und genau wie Polizist Gösta, der zuweilen das Gefühl hat, etwas ganz Wesentliches übersehen zu haben, ist auch der Leser oft ganz nah an der Lösung und dann doch wieder meilenweit davon entfernt.

Auch wenn Erica, die Hauptfigur des ersten Bandes „Eisprinzessin“ diesmal ihre detektivischen Fähigkeiten ob ihres hochschwangeren Zustandes nur eingeschränkt zum Einsatz bringen kann, macht das Wiedersehen mit der nunmehr erfolgreichen Autorin viel Freude und verleiht dem „Prediger von Fjällbacka“ jenen Hauch von Humor und Leichtigkeit, der einen so wichtigen Gegenpol bildet zur deprimierenden Sinnlosigkeit vieler Ereignisse des Romans.

Also: Läckberg lesen und gleich für den nächsten Titel vormerken!

Miss Sophie