Das Buch direkt bei Amazon bestellen Sabine Thiesler
Der Kindersammler

Heyne TB
ISBN 3-453-02454-0

Anne und ihr Mann Harald erleben den Albtraum aller Eltern: Während eines Toscana-Urlaubs verschwindet ihr Kind beim Spielen spurlos.
Die Suche der Polizei verläuft ergebnislos, und sie müssen ohne ihren Sohn nach Hause fahren.
Zehn Jahre später kehrt Anne an den Ort des Geschehens zurück, um herauszufinden, was damals passiert ist. Sie ahnt nicht, wie nah sie dem Täter kommt – und er ihr.

Rezension:
Der Mensch kann nicht in Ungewissheit leben - Auch Anne muss wissen, was mit ihrem Sohn vor 10 Jahren passiert ist, um endlich um Felix trauern zu können.

Alfred, Kindermörder aus Leidenschaft, verübt alle 3 Jahre einen Mord an einem Jungen. Die Kinder sehen sich alle ähnlich, sind alle zwischen 10 und 13 Jahren alt.
Alfred ist homosexuell und entführt nur Jungen. Er kommt jedes Mal unbehelligt davon.
Irgendwann hören die Morde auf einmal auf.
Jahre später verschwindet der Junge Felix während einer Urlaubsreise in der Toskana spurlos, anders als bei den Morden in Deutschland wird seine Leiche nie gefunden, und die Eltern finden keine Ruhe.
Anne, die Mutter von Felix, fährt Jahre danach wieder in die Toskana, um das Verschwinden ihres Sohnes aufzuklären.

Die Story spielt auf mehreren zeitlichen Ebenen, und so nach und nach bekommt man ein Bild von der Persönlichkeit dieses Mörders, der dem Rausch der Allmacht über Leben und Tod immer wieder erliegt.
Mühsam gelingt es ihm, sich immer 3 Jahre lang zu beherrschen, sorgsam sucht er sich dann seine Opfer aus, um geduldig abzuwarten, bis der richtige Zeitpunkt zum Morden gekommen ist.
Obwohl man nicht "verstehen" kann, was Alfred zu seinen grauenvollen Taten treibt, erahnt man doch, was im Kopf des Serienkillers abgeht, der davon überzeugt ist, die Jungen vor dem Leben zu bewahren und ihnen sogar einen Dienst zu erweisen, indem er sie tötet.

Obwohl ab den ersten Seiten klar ist, wer hier der "Böse" ist, und obwohl auch der Mörder von Felix schnell erraten ist, begibt man sich mit "Der Kindersammler" auf eine unvergleichlich spannende, bedrohliche und beunruhigende Reise.
Denn: so gut die Kinder auch von ihren Eltern vor Fremden gewarnt wurden, so vorsichtig die Kinder auch sind - Alfred kriegt sie am Ende alle.
Die Charaktere sind unwahrscheinlich lebendig und real, man kommt nicht umhin, mit den Eltern der vermissten Kinder zu bangen und zu hoffen, gleichzeitig spürt man aber auch den unglaublichen Druck und die Mordlust, die auf Alfred lasten.
Auch an der Todesangst der Jungen gibt es kein "Vorbeikommen".
Durch die verschiedenen zeitlichen Ebenen gelingt es der Autorin, viele Informationen nach und nach an den Leser zu bringen, ohne ihn mit deren Flut zu überschwemmen.
Hier passiert nicht andauernd einer um den anderen Mord, vielmehr ist die Tragik jeden gewaltsamen Todes das ganze Buch hindurch präsent, jedes Einzelschicksal bleibt unvergessen.

"Der Kindersammler" ist ein anspruchsvoller Thriller, der den Wahnsinn, der im Kopf eines Serienkillers vorgeht, aufzeigt, ohne das Schicksal, das über die Opfer und deren Familien hereinbricht, außer Acht zu lassen.
Mit Feingefühl und schriftstellerischem Geschick wird Sabine Thiesler dem brisanten Thema gerecht und hinterlässt einen bewegten, nachdenklichen Leser.

Eva May