Das Buch direkt bei Amazon bestellen Rainer Martin Mittl
Brüderchen komm stirb mit mir

(2. Band Kindlein und Morgenthaler)
Emons TB
ISBN 978-3-89705-488-2

In einer kühlen Septembernacht wird am alten Mannheimer Strandbad eine männliche Leiche gefunden. Sie kann schnell identifiziert werden, und das Umfeld des Opfers ist überschaubar.
Bald jedoch stoßen Frieder Kindlein und Konrad Morgenthaler auf ernsthafte Probleme. Die rechtsmedizinischen Todeszeitangaben widersprechen den Aussagen der Angehörigen, und der Tote selbst hatte mehr Feinde, als anfangs vermutet.
Morgenthaler wird das Gefühl nicht los, dass diesem Fall schon von Anfang an etwas fehlte – etwas absolut Elementares, etwas, ohne das er niemals gelöst werden kann.
Bevor er herausfindet, um was es sich dabei handelt, geschieht ein zweiter Mord.

. Rezension:
Ein Pageturner aus MANNHEIM – kann das wirklich sein?

Ein Roman, den man – sobald er nach den ersten Kapiteln richtig in Fahrt gekommen ist - nicht mehr aus der Hand legen möchte, gar nicht mehr aus der Hand legen kann, der in einer Stadt spielt, von der viele Deutsche nicht viel mehr wissen, als dass es dort eine „Brigg“ gibt, die von der legendären Joy Fleming stimmgewaltig besungen wurde?!

Mit Protagonisten, von denen der eine ein rundlicher, etwas in die Jahre gekommener Mittfünfziger ist, der über eine Vorliebe für süße Backwaren, ein phänomenales Gedächtnis und eine nicht minder beeindruckende Intuition verfügt – während der andere, gut zwanzig Jahre jünger, sich gerne mal verrennt und schmerzlich erkennen muss, ziemlich einsam geworden zu sein auf seinem keineswegs steilen, aber doch stetig mit immer mehr Arbeit verbundenen Karriereweg.

Ja ja und ja!
Und damit nicht genug.

Was der Wahl-Ludwigshafener Mittl da in seinem zweiten Roman um ein ausgesprochen sympathisches Ermittlerduo auf mehr als 300 Seiten zaubert, das ist auf der einen Seite grenzenlos spannend, mit diversen unerwarteten Wendungen gespickt, und so packend, dass man einfach weiterlesen muss, um zu wissen, was denn nun wirklich geschah.
Andererseits sind die Figuren so lebensnah, die Umgebung so plastisch und die Gefühle so eindrücklich geschildert, dass der Leser schon bald den Eindruck hat, mittenmang dabei zu sein, in diesem mehr als eigenartigen und auch grausigen Mordfall.

Wie er beginnt, das ist – mit einer kopflosen Leiche, deren Beine abgetrennt wurden - schon mal nichts für schwache Nerven. Und bereits hier wird deutlich, dass der Autor mit echten Charakteren anstatt einer schönen bunten Papierkrimiwelt aufwartet: Da kotzt sich nämlich ein junger Streifenbeamter die Seele aus dem Leib, während sein älterer Kollege geschmacklose Witze reißt.
Auch später sind nicht alle Polizisten stets edel, hilfreich und politisch korrekt: Da fallen schon mal zotige Bemerkungen, es werden Spuren übersehen oder im Übereifer Zeugen wenig feinfühlig behandelt.

Doch so ist das Leben – auch die „Guten“ machen mal Fehler.
Oder werden aus falsch verstandener Vater und Mutterliebe blind gegenüber dem Menschen verachtenden Verhalten ihrer Kinder.
Wie dies beim jungen Firmenchef der Fall ist, dessen grauenvollen Tod die beiden Beamten untersuchen.
Denn nach und nach stellt sich heraus, dass seine Profitgier ihn im Umgang mit den Mitarbeitern erbarmungslos gemacht hatte und es auch sonst so manchen Grund gab, dem Schürzenjäger den Tod zu wünschen.

Genaueres erfährt der Leser direkt vom Mörder, der sich im brieflichen Zwiegespräch mit seiner toten Liebe immer wieder zu Wort meldet.
Fast möchte man da Verständnis empfinden, klingt doch in jeder Zeile das große Unrecht durch, was offensichtlich nicht nur diesen beiden Menschen durch das Opfer widerfahren ist.
Doch dann werden auch die Ehefrau, die kleinen Kinder, die alten gebrechlichen Eltern des Toten auf so abscheuliche Weise in die Sache involviert, dass das Mitgefühl für den offensichtlich schwer traumatisierten Täter rapide schwindet.

Es gibt viele Punkte, an denen der Leser ahnt, wohin die Reise gehen soll – und doch wird er bis zum Schluss wieder und wieder in die Irre geführt.

Die Handlung ist außerordentlich spannend – was zunächst weitschweifig scheint, gewinnt im späteren Verlauf an Bedeutung. Viel Lokalkolorit wird geboten, nicht nur im Hinblick auf die geografischen Gegebenheiten, sondern auch auf die Persönlichkeit der „Mannemer“, die zwar „oft polternd daher kommen, denen aber auf den zweiten Blick etwas Sattes, etwas Rundes anhaftet und die ein wahrhaft großes, warmes Herz und ein feines Gespür für Recht und Unrecht besitzen.“

Sehr gerne möchte man mehr lesen von Kindlein und Morgenthaler – nicht zuletzt, um zu erfahren, ob sich denn vielleicht doch noch zarte Bande zwischen Frieder und der Kontrabassistin bilden werden und ob die lebensfrohe Nora mit ihrem Trike vielleicht in einem der nächsten Bände die Chance bekommt, sich aktiv am Geschehen zu beteiligen.

Miss Sophie