Beatrix Mannel
Die Tochter des Henkers
Fischer Schatzinsel gebunden
1675:
Rezension:
Miss Sophie
ISBN 978-3596852215
(ab 12 Jahren)
Franziska befreit den zu Unrecht eingekerkerten Richard von Zinzendorf, der im Morgengrauen hingerichtet werden soll von ihrem Vater, dem Henker! Franzi weiß genau, dass er unschuldig ist, denn sie hat sich mit ihm zur Tatzeit getroffen.
Als die Flucht des Gefangenen bemerkt wird, fällt der Verdacht sofort auf die vierzehnjährige Franzi. Auch sie muss fliehen.
Zum Glück findet sie eine Anstellung als Wäscherin auf Schloss Eulenstein. Eine Wäscherin, die unglaublich schön singen kann. So schön, dass sogar die Schlossherrin und Komponistin sie aufmerksam wird. Die Gräfin studiert mit Franzi ihre neue Oper ein.
Doch plötzlich kommen schlechte Nachrichten aus Venedig. Der Mann der Gräfin ist wegen Hochverrats verhaftet worden.
Aber es gibt bereits eine Primadonna. Sie sieht in Franzi eine gefährliche Konkurrentin und schreckt auch vor einem Mord nicht zurück.
Zum Glück gibt es einen Unbekannten, der schützend seine Hand über Franzi hält.
Unvorstellbar, oder?
Wie allein die Tatsache, in welche Familie man hineingeboren wurde, die Weichen für das gesamte künftige Leben stellt ...
Und doch ist genau das die Realität im Jahr 1675, in dem dieses Buch spielt. Die Tochter eines Henkers muss entweder die Ehefrau eines Mannes mit dem selben Beruf werden, ins Kloster gehen oder sich ihren Lebensunterhalt als Abdeckermagd verdienen.
Die Mutter tot, der Vater ein eher strenger als gütiger Mann (wenngleich sein Herz tief drinnen doch ein gutes ist) und die Tante, die sich um Franziska und ihren zwei Jahre jüngeren Bruder kümmert, ein sauertöpfischer Gutmensch. Lieber lässt sie die Rute sprechen, als auch nur den Ansatz einer Zerstreuung zu erlauben.
Kein Wunder dass die Dreizehnjährige nicht wirklich glücklich ist - und viel besser geht es auch ihrem kleinen Bruder nicht, denn der Ärmste kann kein Blut sehen (was nicht wirklich eine gute Voraussetzung für einen Jungen ist, der vielleicht einmal in die Fußstapfen seines Scharfrichter-Vaters treten soll ...
Ebenfalls nicht verwunderlich, dass die Protagonistin den einzigen Menschen, der nett zu ihr ist, retten muss, als dieser unter Verdacht steht, ein Verbrechen begangen zu haben ...
Dann überstürzen sich die Ereignisse und was dann kommt ist ebenso aufregend und turbulent, wie märchenhaft.
Einer spektakulären Flucht folgt nach diversen Höhen und erschreckenden Tiefen eine wunderbare Wendung zum Guten - und das Bedauern des Lesers, dass schon alles zu Ende sein soll.
Mannel versteht es, eine packende Story mit "echter" Geschichte zu unterfüttern und ihr Lesepublikum nebenbei auch noch richtig gut zu unterhalten. Nicht zuletzt hilft ihr dabei ihre gewitzte weibliche Hauptfigur, die vieles einstecken muss, aber dennoch den Lebensmut nicht verliert und sich sogar in extrem gefährlichen Situationen ausgesprochen geistesgegenwärtig verhält.
Einziges klitzekleines Manko: Zu gern würde man ja wissen, wie es weitergeht, wenn auf Seite 374 der Vorhang gefallen ist ... - doch vielleicht gibt es ja Hoffnung auf eine Fortsetzung?
Fest steht: Beatrix Mannel schreibt nicht nur bezaubernde Romane für und mit frechen Mädchen von heute, sondern ist auch eine begnadete Autorin historischer (Krimi-)Kost, von der man sich auf jeden Fall mehr wünscht.