Das Buch direkt bei Amazon bestellen Nick Wilgus Miriam Gries
Der Pfad des Mörders

Ein Thailand-Krimi
Original: Mindfulness and Murder
Aus dem Englischen von Miriam Gries
Ullstein TB
ISBN: 9783548266787

Ananda war Polizeioffizier in Bangkok, bis seine Familie aus Rache grausam abgeschlachtet wurde. Nun versucht er als Mönch, seine Seelenruhe wiederzufinden.
Doch die Vergangenheit lässt ihn nicht los.
Als auf dem Gelände des Klosters ein Junge tot aufgefunden wird, bittet der Abt Ananda, die Polizei bei ihren Ermittlungen zu unterstützen.
Was Ananda herausfindet, droht das Kloster in seinen Grundfesten zu erschüttern.

Rezension:
Amerikanische, englische, italienische, französische, australische und natürlich skandinavische Polizisten kennt und liebt der deutsche Krimifan.

Ermittler aus dem Fernost unserer Tage muss man schon länger suchen – und wenn man sie findet, dann sind sie dem Verbrechen in Hongkong/Singapur/Malaysia (Nury Vittachi), Japan (Sujata Massej), China (Qiu Xiaolong, Lisa See, Christopher West) oder Tibet (Elliot Pattison) auf der Spur.

Diesmal hingegen liegt der Schauplatz in Bangkok – und der Mann, der dem Täter dicht auf den Fersen ist, hat sich eigentlich schon vor acht Jahren aus dem Polizeidienst verabschiedet, um als Mönch zu leben.

Unvermittelt jedoch werden Bruder Anandas Fähigkeiten als Ermittler benötigt, die er zunächst nur widerwillig und zögerlich zum Einsatz bringt, da ihn zu viel an die Vergangenheit erinnert, die er eigentlich vergessen wollte.
Dann jedoch packt den Ich-Erzähler der Eifer des Wahrheitssuchers, der sich nicht vom einmal eingeschlagenen Kurs abbringen lassen will, schon gar nicht von einer Obrigkeit, die er nicht akzeptiert.
Der Fall ist spannend – das Ambiente nicht minder: Ein Kloster mit Grundschulinternat, in dem sich 200 Mönche unter anderem mit ganz eigenen Methoden um drogenabhängige Jugendliche kümmern.
Auch die Einblicke, die Autor Wilgus, der schon lange in Thailand lebt, von der dortigen Gesellschaft gibt, sind für den Leser ohne Asienerfahrung faszinierend und unbegreiflich zugleich.
Die Familie ist das zentrale Element – wer keine hat, ist arm dran.
Jede Abweichung von der Norm, etwa durch eine Behinderung, gilt als Buße für vergangene Sünden.
Und Mönche genießen einen Sonderstatus – man schenkt ihnen Essen und im Bus, den sie gratis benutzen dürfen, ist stets ein Platz reserviert.

Besonders ungewohnt für die CSI-verwöhnten Fans von Mord und Totschlag: Aufwändige wissenschaftliche Tests sind nicht möglich, die Beamten selbst sind schlecht ausgebildet, zahlenmäßig ein eher armseliges Trüppchen und müssen zu allem Überfluss ihre Uniformen und Waffen selbst bezahlen.
Wen wundert es da, dass jene Fälle Priorität haben, in denen es um Geld oder Ansehen geht und von den Angehörigen Erfolgsprämien bezahlt werden. Arme Tote haben da keine Lobby.

Am Ende ist alles anders als man denkt – aber es gibt auch Hoffnung, dass manche Verletzungen geheilt werden können und die Zukunft noch Lichtblicke mit sich bringen wird.

Sind auch die Ingredienzien für einen Krimi alles andere als ungewöhnlich – Drogen, Folter, Erpressung, ein Showdown, bei dem es um Leben und Tod geht – so wirkt die Zusammenstellung doch nie aufgesetzt und die Abläufe sind logisch.
In kurzen Kapiteln wird ohne lange Umschweife zur Sache gekommen. Und das methodische Vorgehen des Protagonisten sorgt dafür, dass der Leser jederzeit auf dem gleichen Stand ist wie Ananda und über alle Informationen verfügt, die er zur Aufklärung der Ereignisse benötigt.
Ein Roman, in dem moderne Komponenten (so laufen etwa die Computer im Kloster auf Linux) und althergebrachte zeitlose Prinzipien und Lebensweisen zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen, ohne dass dabei die Spannung darunter leidet.
Vor allem aber ein Held, von dem man gerne und bald mehr hören möchte.

Miss Sophie